Retter in der Not: der ADAC schleppte den defekten Kleinbus ab. (Symbolbild) Foto: dpa/Patrick Seeger

Weil der Motor eines ukrainischen Hilfstransporters defekt ist und das Geld für einen neuen fehlt, müssen viele weiter im Kriegsgebiet ausharren. Eine im Kreis Esslingen initiierte Crowdfunding-Aktion soll jetzt helfen.

Fast täglich fuhren Wolodymyr und sein Schwager mit einem Bus mehr als tausend Kilometer in die Ukraine, um Medikamente, Schutzwesten und humanitären Hilfsgüter ins Kriegsgebiet zu bringen und auf dem Rückweg Flüchtlinge nach Deutschland zu holen. Doch nun ist Schluss damit. Der Kleinbus des Ukrainers blieb am Freitag bei Nürtingen auf der Straße liegen. Ein Motorschaden lautet die bittere Diagnose. Die Menschen, die nun auf einen Transport aus der Ukraine warten, müssen nun noch länger im Kriegsgebiet ausharren.

Ukrainer finden Zuflucht in Oberboihingen

Wolodymyr war gerade in Deutschland im Einsatz gewesen, als der Krieg begann. Seine Familie und die Familie seines Schwagers konnten aus der Ukraine fliehen und wurden von Lubov Selzer-Niederer und ihrem Mann Norbert aus Oberboihingen aufgenommen. Sie kannten den ukrainischen Busunternehmer bereits über einen Bekannten. Seit Kriegsbeginn pendelt er nun mit dem Bus zwischen Deutschland und dem ukrainischen Krisengebiet, beladen mit Hilfsgütern auf dem Hinweg und mit Flüchtlingen auf dem Rückweg. Dutzende Flüchtende hatte er bei den ersten Fahrten direkt nach Kriegsausbruch in dem neunsitzigen Bus in Sicherheit gebracht. Die hohe Belastung und die Laufleistung von weit über 400 000 Kilometer hat zu dem Motorschaden geführt.

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Nun steht der Bus in Weilheim Teck in „Patricks Werkstatt“ und braucht einen neuen Motor. „Der Motor hat schon zu viele Kilometer drauf, er muss ausgetauscht werden“, sagt der Kfz-Experte Konstantinos Satrazanis vom ADAC. Er hat den Bus am Freitag bei Nürtingen von der Straße aufgelesen und in die Werkstatt eines Freundes abgeschleppt. Nun möchte der 34-Jährige gerne helfen. „Ich habe in den letzten zwölf Jahren viele Pannen gesehen und Geschichten dazu erfahren, aber keine hat mich so bewegt wie diese“, sagt er. Die Werkstatt übernimmt die Kosten für den Einbau des neuen Motors inklusive der Öle, Kleinteile und der Kupplung im Wert von rund 4000 Euro, aber für einen neuen Motor fehlt das Geld. Nun hat Satrazanis eine Crowdfunding-Aktion auf der Onlineplattform gofundme gestartet. Er hofft, dass dadurch möglichst schnell die rund 9000 Euro für einen neuen Motor zusammenkommen und die Hilfstransporte wieder aufgenommen werden können.

Schützlinge ziehen nach Filderstadt

Lubov Selzer-Niederer, die die beiden Familien in ihrem Haus in Oberboihingen aufgenommen hat, ist begeistert von der großen Welle der Hilfsbereitschaft, die ihr entgegengebracht wurde, wie auch vom gelben Engel des ADAC: „Das ist eine tolle Aktion des Mannes. Ich bin beeindruckt.“

Mittlerweile haben sowohl die Familie des Schwagers von Wolodymyr sowie sein Sohn und die Schwiegertochter, die vor ein paar Tagen frischgebackene Eltern geworden sind, eine Wohnung gefunden. Das junge Paar wohnt nun in Sielmingen. Auch Wolodymyr, seine Frau Lubow und seine sechs minderjährigen Kinder können bald in ihre eigenen vier Wände ziehen. Sie haben in Bernhausen unweit der Musikschule, in der Lubov und ihr Mann als Lehrer arbeiten, eine großzügige Vierzimmerwohnung gefunden. „Aktuell renovieren wir die Unterkunft noch, die Möbel haben wir bereits zusammen“, sagt Selzer-Niederer. In etwa einer Woche werden dann die letzten acht Flüchtlinge das Haus der Selzers verlassen. „Es ist eine unglaublich große Aufgabe gewesen, aber auch eine große seelische Bereicherung“, schwärmt Lubov Selzer-Niederer. Wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt, denn wir sind zu einer großen Familie geworden.“