Inge Auerbacher, heute 85 Jahre alt, ist die letzte noch lebende Zeitzeugin der Rückholaktion. Sie war 1945 das einzige Kind in den Bussen. Sie stammt ursprünglich aus der Nähe von Göppingen und lebt heute in New York. Foto: picture alliance/dpa/Federico Gambarini

Es ist ein lange vergessenes Stück Stuttgarter Nachkriegsgeschichte: Im Juni 1945 bricht eine Gruppe Stuttgarter nach Theresienstadt auf, um württembergische Überlebende zu holen. Sie fahren durch eine Welt in Auflösung.

stuttgart - Das neue Leben beginnt an einem Tisch mit weißem Leintuch. Ein Teller Hühnersuppe steht darauf. Ein Teller, in den man sich nachschöpfen lassen kann. Es ist das erste richtige Essen für Inge Auerbacher nach drei Jahren im Konzentrationslager Theresienstadt. Sie ist an diesem 24. Juni 1945 zehn Jahre alt. Ein Bus der Stuttgarter Straßenbahnen hat sie und ihre Eltern Regina und Berthold eben zurück nach Stuttgart gebracht. An diesen Tisch im „Jüdischen Durchgangslager“ in Stuttgart-Degerloch, der nicht nur für den Neuanfang eines Mädchens steht, sondern auch für ein lange vergessenes und unerzähltes Stück der Stuttgarter Nachkriegsgeschichte: Im Juni 1945 brach eine Gruppe Helfer auf, um die letzten überlebenden Juden Württembergs aus Theresienstadt zurückzuholen. Zurück in eine Heimat, die für viele keine mehr war.