Die Ampel vor Audis Konzernzenzentrale steht auf Rot: Der Automobilhersteller spart radikal und baut Tausende Stellen ab. Foto: dpa/Stefan Puchner

Die Ingolstädter VW-Tochter Audi will sechs Milliarden Euro einsparen, aber bis 2029 ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommen. In einem Punkt hat der Standort Neckarsulm gegenüber Ingolstadt derzeit das Nachsehen.

Ingolstadt - Das Kriseln in der Autobranche trifft immer mehr auch die Belegschaften deutscher Premiumhersteller. So haben sich Management, Betriebsrat und IG Metall bei der VW-Tochter Audi nach monatelangen Verhandlungen nun auf einen milliardenschweren Sparplan verständigt, der das sozialverträgliche Abschmelzen von 9500 Stellen bis 2025 vorsieht, das heißt der Stellenabbau solle durch Fluktuation sowie Vorruhestandsprogramme gestaltet werden. Zugleich werden 2000 neue Expertenjobs in Bereichen wie Elektromobilität und Digitalisierung geschaffen, die vorzugsweise intern per Umschulung besetzt werden sollen. Unter dem Strich bleibt per saldo ein Abbau von 7500 der 61 000 Tarifarbeitsplätze an den deutschen Standorten Ingolstadt und Neckarsulm. Im Management werde zudem prozentual gleichwertig abgebaut.

Rechnerisch streicht Audi damit zusätzlich gut 300 Managerjobs. „Wir packen nun auch die strukturellen Themen an, um Audi auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten“, erklärte der scheidende Konzernchef Bram Schot in Ingolstadt.

Die Belegschaft hatte einen weniger radikalen Stellenabbau erwartet

Der effektive Abbau von letztlich gut 7800 Jobs geht deutlich über das im Vorfeld erwartete Maß von 4000 bis 5000 Arbeitsplätzen hinaus.

Mit dem harten Sparkurs will der Premiumhersteller bis 2029 rund sechs Milliarden Euro sparen und einen entsprechenden Ergebniseffekt erzielen. So soll Audi den strategischen Zielkorridor für die Rendite von neun bis elf Prozent nachhaltig erreichen. Der verbleibenden Belegschaft versüßt werden die bitteren Pillen per Verlängerung einer bestehenden Betriebsvereinbarung, die betriebsbedingte Kündigungen ausschließt und zwar um vier Jahre bis Ende 2029. Das hat auch Personalvertreter zur Zustimmung für den Sparplan bewogen.

Auch Daimler und BMW sparen massiv

„Wir haben einen wichtigen Meilenstein erreicht“, findet Audi-Gesamtbetriebsratschef Peter Mosch. Die Arbeitsplätze der Stammbelegschaft seien sicher. Die Verlängerung der Beschäftigungsgarantie in schwierigen Zeiten sei ein großer Erfolg. Auch die beiden anderen deutschen Premiumhersteller Mercedes und BMW verhandeln indessen mit ihrem Personal über Einschnitte. Mercedes will binnen drei Jahren eine Milliarde Euro Personalkosten einsparen. Dem Vernehmen nach sollen allein 1100 Managementjobs gestrichen sowie für die Gesamtbelegschaft Tariflohnerhöhungen im kommenden Jahr ausgesetzt werden. Bei BMW, das an diesem Mittwoch Sparbeschlüsse verkünden will, könnte es für das Personal im Vergleich mit Audi und Mercedes noch am glimpflichsten ausgehen. Dort ist bislang kein Stellenabbau geplant.

Welcher Druck derzeit auf die Belegschaften in der Autoindustrie ruht, zeigen auch die neuen Kapazitätspläne für die beiden Audi-Werke in Ingolstadt und Neckarsulm. Im bayerischen Stammwerk plant Audi künftig mit einer Produktion von rund 450 000 Fahrzeugen jährlich. Das sind rund 100 000 Autos weniger als heute möglich sind. In Neckarsulm wird von 300 000 auf eine Jahreskapazität von 225 000 Wagen reduziert.

Derzeit sticht der Standort Ingolstadt Neckarsulm aus

Was konkrete Zusagen für neue Elektroautomodelle betrifft, hat Audi-intern derzeit Ingolstadt gegenüber dem Werk Neckarsulm die Nase vorn. Für die Fabrik in Baden-Württemberg richtet Audi deshalb jetzt einen Fonds zur Elektrifizierung des Standorts ein, in den bis 2025 rund 300 Millionen Euro fließen sollen. Dann können auch dort in nennenswerten Stückzahlen neue Elektroautos gefertigt werden.

Im Wesentlichen nicht antasten will das Audi-Management das Niveau der Erfolgsbeteiligung von Audianern. Das werde auch künftig wie im Durchschnitt der letzten Jahre ausbezahlt, versichert der Konzern. Sollten die Gewinne unverhofft sprudeln, werde neu verhandelt. Um jährlich rund 50 Millionen Euro aufstocken wollen die Ingolstädter ihre Pensionsrückstellungen für die innerbetriebliche Altersvorsorge.

Mit diesem Gesamtpaket hat Schot nach harten Verhandlungen mit Betriebsräten und IG Metall den Betriebsfrieden für das nächste Jahrzehnt mutmaßlich gesichert. Selbst ernten kann er die Früchte aber nicht. Der Niederländer wird im April nächsten Jahres durch den bei BMW abgeworbenen Automanager Markus Duesmann ersetzt, der zu diesem Datum jüngst an die Spitze von Audi bestellt worden ist. Unter seiner Führung soll Audi dann wieder mit Technik glänzen und den Status als wichtigste Gewinnquelle des Mutterkonzerns ausbauen. Die heimischen Audi-Standorte seien nun fit für das kommende Jahrzehnt und nachhaltiges Wachstum, findet Schot, der dafür jetzt entscheidende Vorarbeiten geleistet hat.