Ein Zimmer im Hotel Weimar: vorbildlich, aber nicht für Familien geeignet. Foto:/ Claudia Leihenseder

Sozialhotels und Gemeinschaftsunterkünfte sind nicht geeignet für Familien. Es geht zu eng zu, das Bewohnergefüge ist nicht kindgerecht. Vorschläge zur Verbesserung der Situation liegen jetzt auf dem Tisch.

Stuttgart - Auf dem Wohnungsmarkt herrscht ein akuter Mangel an bezahlbarem Wohnraum, in Sozialunterkünften drangvolle Enge. Deshalb sind Familien und Alleinerziehende sowie deren Kinder notgedrungen mit Alleinstehenden im selben Haus untergebracht. Aus dieser Notlösung wird oft ein Dauerzustand. 

Wer ist davon betroffen?

Stuttgart stellt 98 Gemeinschaftsunterkünfte zur Verfügung, in 85 von ihnen leben 1961 Kinder. In den 24 Sozialunterkünften für Familien leben insgesamt 233 Kinder und Jugendliche in 117 Familien; insgesamt sind das rund 500 Personen. Die Zahlen aus dem Coronajahr liegen knapp darunter. 

Wie lebt es sich dort?

Als „grundsätzlichen Mangel“ der Sozialunterkünfte hat die Stadt die begrenzte Wohnfläche erkannt. Fast die Hälfte (47 Prozent) der Familien haben weniger als sieben Quadratmeter pro Person zur Verfügung. Fünf Prozent der Bewohner müssen sich gar mit weniger als vier Quadratmeter pro Kopf begnügen, 40 Prozent mit vier bis 6,75 Quadratmeter.  

Wie ist die Ausstattung?

Die meisten Unterkünfte haben keinen kindgerechten Wohnraum. In drei Unterkünften gibt es keinen Außenbereich, nur in zehn können Kinder draußen spielen. In zehn Unterkünften ist nur ein Bad auf jedem Stockwerk vorhanden, nur zwei haben Bäder in jedem Zimmer. In zwei Unterkünften müssen sich zwei Familien ein Bad teilen. Für Kinder sei „die notwendige Intimität“ nicht gegeben. Kochen ist überwiegend nicht in den Zimmern möglich, was bei der Zubereitung von Babynahrung schwierig ist. 

Wie lange leben die Familien dort?

Kürzere Aufenthalte, zum Beispiel für vier Wochen bis drei Monate, nehmen ab. Im Jahr 2013 traf dies noch auf 20 Familien und Alleinerziehende zu, im vergangenen Jahr nur noch auf vier. Die Zahl derer, die mehr als zwei Jahre in dieser Behelfswohnung bleiben müssen, hat sich zwischen 2013 und 2019 verfünffacht, die Wohndauer in Flüchtlingsheimen liegt im Schnitt bei 38,7 Monaten. 

Warum ist die Situation problematisch für Kinder?

In einem gemischt belegten Wohnprojekt treffen die unterschiedlichsten und die komplexesten Problemlagen aufeinander. Kinder bekämen Gewalt, Alkoholismus, Menschen in psychischen Ausnahmesituationen zu sehen. 

Was die Fachverwaltung vorschlägt

Das Sozialreferat stellt fest: „Von den vermietenden Hotelbetreibenden, deren Interesse in erster Linie eine gute Auslastung ist, kann kein differenzierter Umgang mit den unterschiedlichen Bewohnerinnen und Bewohnern erwartet werden, eine Intervention und Einbeziehung der Ämter findet in der Regel nicht statt.“ Allerdings wäre eine ausschließliche Vermietung an Personen, die das Sozialamt vermittelt, problematisch: bei Leerstand fielen Kosten an. Also soll diese Form der Unterbringung „schnellstmöglich“ aufgegeben werden. „Das haben wir als eine der Handlungsempfehlungen gegeben“, sagt Bürgermeisterin Isabel Fezer. 

Was der Gemeinderat fordert

Der Gemeinderat hat folgende Beschlüsse gefasst: Die Verwaltung soll „die Akquise, den Ankauf oder die Anmietung von geeigneten Immobilien durch die Stadt prüfen“. Eine Bezugsperson soll dort dauerhaft verortet sein. Die bestehenden Gebäude sind auf den Stand der UN-Kinderrechtskonvention zu bringen, freie Kapazitäten in Gemeinschaftsunterkünften sollen umgelegt werden auf Familien, bis ihnen pro Kopf zehn Quadratmeter Wohnraum zur Verfügung stehen. Man brauche ein Schutzkonzept und ein Beschwerdemanagement, auch wegen der schleppenden Behebung baulicher Schäden und Mängel, und die Aufteilung von Systembauten in getrennte Wohneinheiten ist zu prüfen oder zu planen.