Plant von Tag zu Tag: Sonja Noppinger betreibt seit elf Jahren das Fischlabor im Stuttgarter Westen und findet diesen Sommer befreiend. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Stimmung in der Gastronomie ist gut, findet Sonja Noppinger. Die Delta-Variante weckt bei der Wirtin allerdings Ängste. „Im vergangenen Sommer war mehr Leichtigkeit – als wir noch nicht wussten, was auf uns zukommt“, sagt die Inhaberin des Fischlabors.

Stuttgart - Sonja Noppinger genießt den Sommer mit ihren Gästen. Die Wirtin vom Fischlabor macht sich zwar Gedanken, was der Herbst und die Delta-Variante bringen werden. Aber planen könne sie sowieso nur von Tag zu Tag, erklärt die 55-Jährige.

Frau Noppinger, die Sonne scheint, die Inzidenzwerte sind seit Wochen niedrig. Wie ist die Stimmung im Fischlabor und in der Gastronomie?

Man spürt eine Veränderung. Im Vordergrund steht, dass die Lokale geöffnet haben. Das ist wunderschön. Es ist so schön, dass der Ärger verflogen ist. Die Gäste sind wieder da, die Leute sind glücklich. Es ist eine Phase des Angekommenseins, würde ich sagen. Grundsätzlich ist die Stimmung positiv.

Das Coronavirus bestimmt nicht mehr den Alltag?

Es ist etwas in den Hintergrund getreten, ersetzt durch mehr Normalität momentan. Das Virus ist nicht weg, aber wird nicht ständig diskutiert. Das höre ich auch bei den Gesprächen der Stammgäste, die haben wieder ganz andere Themen. Es ist ein bisschen wie früher. Da ist man kurz wieder ganz versöhnt mit der Welt.

Befürchten Sie nicht, das die Delta-Variante bald wieder alles zunichte macht?

Natürlich gibt es diese Ängste. In einer Pandemie weiß man nie, was passiert. Ich bin ein Typ, der optimistisch nach vorne schaut, und ich freue mich an den aktuellen Freiheiten. Aber wenn ich vergleiche, würde ich sagen: Im vergangenen Sommer war mehr Leichtigkeit – als wir noch nicht wussten, was auf uns zukommt. Man dachte ja, dass der Lockdown überstanden sei. Jetzt fühlt es sich ein bisschen so an, als würden wir unter einer Glocke leben.

Rechnen Sie wieder mit Schließungen?

Das ist eine gute Frage. Ich arbeite mit dem Ansatz: Wir schauen, was passiert. Jetzt Panik zu machen, was kommt, würde der Sache nicht guttun. Aber natürlich mache ich mir Gedanken. Es wird nicht einfach sein, neue Schutzkonzepte im Herbst umzusetzen. Da kommt sicherlich was auf uns zu. Draußen sitzen zu können ist befreiend. Wie es in geschlossenen Räumen sein wird, weiß ich nicht. Wir planen von Tag zu Tag, von Verordnung zu Verordnung. Ich hoffe einfach, dass man das Coronavirus mit den entsprechenden Maßnahmen in den Griff bekommt.

Schauen Sie auf die Entwicklung in Großbritannien? Dort wurden alle Restriktionen aufgehoben.

Da schaut jeder drauf – mit einem großen Fragezeichen. Und Verwunderung.

Könnte man aus der Situation Schlüsse für Deutschland ziehen?

Ich bin froh, dass ich solche Entscheidungen nicht treffen muss. Man kann die Politik kritisieren, aber dann muss man auch konstruktive Ideen haben. Ich habe nicht viel zu kritisieren. Angesichts der Flutkatastrophe in Deutschland rücken für mich sowieso viele Sachen in den Hintergrund. Für mich war diese Flut ein sehr symbolisches Bild: Die Gastronomie ist auch untergegangen, jeder hat gekämpft, viele haben es nicht geschafft. Das ist schon schlimm. Wenn man sich andererseits anschaut, was in dieser Naturkatastrophe passiert ist: Menschen haben ihr Leben verloren, ihre Häuser, alles. Da nimmt man sich ganz und gar nicht mehr wichtig.

Zur Person

Vita
Sonja Noppinger hat viele Berufe ausprobiert, in der Gastronomie arbeitete sie immer nebenher. „Darauf hatte ich immer Lust, der Job macht einfach Spaß“, erklärt die 55-Jährige. Zuletzt war sie im Oblomow tätig und hat dort viel gelernt. Im Jahr 2009 machte sie sich dann mit dem Fischlabor in der Ludwigstraße selbstständig.