Zahlreiche Fans versammelten sich am Wochenende an der Rennstrecke, vor allem rund um das Ziel am Glemseck. Foto: Jürgen Bach

Nach zweijähriger Pause lockt das Solitude-Revival bei Leonberg wieder Motorsportfans an die legendäre Rennstrecke.

So viel ist sicher: Als Beifahrer den Fuß ins Blech zu drücken, hilft beim Bremsen kein bisschen. Doch wenn der ehemalige Rennfahrer Timo Bernhard auf der Büsnau-Geraden den 2.7er kurz vor der S-Kurve am Hotel Schatten von 160 Stundenkilometer auf 50 herunterbremst, würde man auf dem Beifahrersitz am liebsten selbst mit beiden Beinen in die Eisen steigen.

„Schön, nicht?“, ruft der Le-Mans-Sieger von 2017 durch den Motorenlärm im Fahrzeuginneren herüber. Unsereins bleibt die Antwort im Hals stecken, weil Timo Bernhard wieder aus der Kurve heraus voll beschleunigt. Es scheint so, als ob die Fliehkräfte die Luft kurz aus den Lungen pressen.

Herausforderung auch als Beifahrer

„Die Strecke ist unheimlich schnell“, meint der 41-jährige und lenkt den Porsche 911 Carrera RS 2.7, so die vollständige Typenbezeichnung dieses einstmals schnellsten deutschen Serienwagens, mit sicherer Hand in die nächste Schikane. Ja, keine Frage: Der ehemalige Solitude-Ring ist nicht nur schnell, sondern – selbst auf dem Beifahrersitz – auch eine echte Herausforderung.

Unter den Sitzen des Porsche vibriert die Kraft eines 6-Zylinder-Boxer-Motors. 210 PS können diesen historischen Straßenrenner Baujahr 1972 auf bis zu 245 Stundenkilometer beschleunigen. Zum Glück lässt dies das Reglement beim Solitude Revival nicht zu.

Genau 50 Jahre alt ist der Jubiläums-Sportwagen, der wegen seines Heckspoilers auch liebevoll „Entenbürzel“ genannt wird. „Ein echter Klassiker, von dem nur 1500 Exemplare hergestellt wurden“, erklärt Kuno Werner, der Leiter der Werkstatt des Porsche-Museums in Zuffenhausen.

Zwei Runden vergehen rasend schnell

Noch einmal ins Publikum winken, das am Samstag den Zielbereich rund um das Glemseck säumt, und schon zeigt die schwarz-weiß-karierte Fahne an, dass der Spaß ein Ende hat. Zwei Runden gehen rasend schnell vorbei – wortwörtlich.

Spritpreise werden ausgeblendet

Der Mythos Solitude-Ring scheint auch in diesem Jahr ungebrochen. Dröhnende Motoren, benzingeschwängerte Luft, der Rausch der Geschwindigkeit – angesichts aktueller Diskussionen über eine drohende Energieknappheit wirkt das zwar ein wenig aus der Zeit gefallen. Doch den Zuschauern gefällt es trotzdem. Oder vielleicht auch gerade deswegen.

Rund 430 Fahrzeuge waren am Wochenende beim ersten Solitude-Revival nach zweijähriger Corona-Pause am Start. Und damit etwa genauso viele wie 2019. Und wie in der Vergangenheit gab sich auch in diesem Jahr bei dem Nostalgie-Event die Rennprominenz vergangener Tage ein Stelldichein.

Klangvolle Namen der Motorsport-Geschichte

Nicht nur, aber vor allem bei den älteren Fans scheinen die Namen der alten Haudegen des Motorsports noch immer einen magischen Klang zu haben. Autogramme von ehemaligen Rennfahrern wie dem Stuttgarter Hans Herrmann, dem Weissacher Herbert Linge, Kurt Ahrens oder Walter Röhrl waren bei den rennsportbegeisterten Zuschauern an der Strecke und im Fahrerlager auf dem ADAC-Übungsplatz heiß begehrte Trophäen. Ein Sonderlauf „Eberhard Mahle“ erinnerte zudem an den vergangenen Dezember verstorbenen legendären Leonberger Rennfahrer. Mahle war zuletzt vielfach Gast beim Solitude-Revival.

Dass trotz gedrosselter Geschwindigkeit auch nostalgische Schaurennen nicht ganz ungefährlich sind, hat sich am Samstagmittag gezeigt. Beim Lauf der historischen Rennmotorräder kam es zu einem Sturz, bei dem sich der Fahrer, nach Information des Veranstalters, „leichte Verletzungen“ zugezogen hat. „Er war sofort ansprechbar“, so Solitude-Revival-Sprecher Thomas Itte. Gleichwohl sei der Motorradfahrer vorsorglich mit einem Hubschrauber der Luftrettung ins Krankenhaus gebracht worden.

Für einigen Unmut sorgten bei den Motorsportfans die gegenüber 2019 heftig gestiegenen Eintrittspreise. Die Tageskarte für die Rennveranstaltung kostete an beiden Tagen 28 Euro. Vor drei Jahren lag der Eintrittspreis mit 19 Euro pro Tag deutlich darunter.

Der Weil der Städter Manuel Eckert, seit vielen Jahren mit seinem Motorrad mit Seitenwagen Stammgast bei der Veranstaltung, geht davon aus, dass die Eintrittspreise dazu führen, „dass in diesem Jahr weniger Zuschauer an der Strecke sind“. Der Solitude-Revival-Sprecher Thomas Itte erklärte die höheren Eintrittspreise mit massiv gestiegenen Kosten für den Veranstalter. „Diese sind wesentlich höher als vor drei Jahren.“