Ungespritzte Blumen statt „Flug-Rosen“ aus Afrika: Susanne Kieser aus Backnang betreibt nachhaltigen Anbau und engagiert sich in der Slow-Flower-Bewegung.
Blumen waren schon immer Susanne Kiesers Ding. Als Kind hat sie sich im Garten der Großeltern zwischen Dahlien, Zinnien und Rosen herumgetrieben und Haarkränze aus Gänseblümchen geflochten. Später, im eigenen Garten, blühte es auch üppig und bunt. Beruflich ging es aber erst in eine andere Richtung: Kieser studierte Medizin und wurde Ärztin.
In diesem Beruf arbeitet Susanne Kieser immer noch. Allerdings hat sie vor wenigen Jahren zudem eine eigene Firma gegründet. Unter dem Namen „Vom Blumenacker“ baut sie im Raum Backnang (Rems-Murr-Kreis) nebenberuflich Schnittblumen nach den Prinzipien der Slow-Flower-Bewegung an.
Slow Flowers – Blumen ohne Pestizide und Plastik
In dem Verein haben sich Menschen zusammengetan, die Schnittblumen auf nachhaltige Weise produzieren wollen: in Kreislaufwirtschaft, ohne Pestizide und Plastik. Gedüngt wird mit organischem Material. Beheizte Gewächshäuser sind ebenso tabu, wie Kunststoffverpackungen, Plastiksteckmasse und Pflanzen, die gentechnisch manipuliert wurden.
„Die Slow-Flower-Bewegung wird immer bekannter“, sagt Susanne Kieser. Derzeit beobachtet sie zum Beispiel, dass junge Frauen bei ihrer Hochzeit häufig Wert auf Blumen aus nachhaltigem Anbau legen. Von vielen Menschen werden die Vereinsmitglieder, die überwiegend in Deutschland, Österreich und der Schweiz aktiv sind, aber noch argwöhnisch beäugt oder belächelt.
Slow-Flower-Bewegung kämpft gegen Vorurteile an
Nach Susanne Kiesers Erfahrung haben Slow-Flower-Gärtnerinnen und -Gärtner nicht nur Freunde und müssen gegen so manches Vorurteil kämpfen. „Viele Leute sagen auch: Wozu Bioblumen – ich esse die doch nicht.“ Ihnen erzählt Susanne Kieser dann manchmal, wie der konventionelle Anbau von Schnittblumen häufig abläuft.
Ein großer Teil der bunten Ware, die hierzulande in der Vase landet, hat eine weite Reise hinter sich. Typische Anbaugebiete sind zum Beispiel Kenia, Ecuador und Äthiopien. Per Flugzeug werden die in reichlich Folie gewickelten und in Kartons liegend verpackten Blumen nach Europa transportiert. Wasser ist dabei nicht im Spiel, weshalb die Pflanzen zum Zwecke der Haltbarkeit mit allerlei Chemikalien behandelt werden.
Die Auswahl an Slow Flowers bei Susanne Kieser ist groß
Bereits beim Anbau werde nicht an Pestiziden gespart, sagt Kieser – darunter müssten die Beschäftigten der Betriebe leiden, die häufig ohne Schutzkleidung arbeiten. „Fairtrade-Produkte schneiden besser ab, aber auch da sind viele Chemikalien im Spiel.“ Darauf verzichten die Mitglieder der Slowflower-Bewegung komplett. Und sie bauen das an, was in unseren Breiten je nach Saison von Natur aus gut wächst.
Wer über Susanne Kiesers Anbauflächen spaziert, merkt schnell: die Auswahl ist groß, die Palette der Farben und Formen enorm. Zwischen Pfingstrosen und Schneeball-Büschen, die wertvollen Schatten spenden, wachsen weißer, gelber und roter Mohn, wuchern pink- und lilafarbene Cosmeablüten, knallblaue Kornblumen, gelbe Hundskamille und dunkelblauer Rittersporn, duftender Lavendel, langstielige Verbenen und Dahlien in allen Farben, Größen und Variationen.
Dahlien blühen bis zum Frost, Christrosen mitten im Winter
„Bei den Dahlien haben wir viele besondere Sorten“, sagt Susanne Kieser. Gleiches gilt für die Pfingstrosen, deren Blüte allerdings vorbei ist. Auch die Ranunkeln sind verblüht. Wo sie standen, hat Susanne Kieser den Boden für eine neue Aussaat vorbereitet. Die kluge Flower-Farmerin denkt voraus: „Wichtig ist, dass man im Juni für das nächste Jahr aussät, damit die Blumen im Frühjahr rasch kommen.“
Die Dahlien blühen bis zum ersten Frost, andere Arten, wie etwa Christrosen, kommen sogar mit Kälte klar, sodass auf dem Blumenacker fast nie totale Ebbe herrscht. „Irgendetwas kriegt man immer zusammen, sogar im Winter“, versichert Susanne Kieser – zum Beispiel aus attraktivem Grün, interessant geformten Samenkapseln oder speziellen Trockenblumen.
Der Anbau von Slow Flowers ist ein Knochenjob
Dass Wildblumen schnell welken, stimme nicht, sagt die Blumengärtnerin. „Sie halten fünf bis sieben Tage, mit wenigen Ausnahmen wie dem Mohn.“ Ganz wichtig ist es, das für die jeweilige Blumensorte richtige Erntestadium zu wissen. Manche müssen geschnitten werden, sobald die Knospen beginnen sich zu öffnen. Andere, darunter die Schafgarbe, sollten erst gepflückt werden, wenn die Blüten komplett aufgegangen sind. Und bei Kandidaten wie der Tulpe wächst der Stiel noch in der Vase nach.
Auf ihren Flächen verwendet Susanne Kieser samenfestes Saatgut. Einiges säe sich selbst aus – nur nicht unbedingt an der gewünschten Stelle, sagt sie und lacht. Groß umgepflügt wird nicht. Der Blumenanbau ist ein Knochenjob mit sehr viel Handarbeit. Susanne Kieser muss ständig dran bleiben, sonst gewinnen lästige Wurzelunkräuter wie die Ackerwinde die Oberhand.
Insekten helfen beim nachhaltigen Blumenanbau
Wichtige Helferlein im Blumenbeet sind die unzähligen Schmetterlinge, Wildbienen und Käfer, die Pollen von einer Blüte zur anderen tragen und dafür sorgen, dass sich Samen bilden können. Auf dem nachhaltigen Blumenacker finden sie reichlich Nahrung, auch für Wasser und Nistplätze ist gesorgt. Zur Gießkanne greift Susanne Kieser nur ausnahmsweise. Etwa, wenn sie Pflanzen frisch gesetzt hat. „Manche der Slowflower-Leute nutzen Bewässerungsschläuche, aber ich denke, es muss auch so gehen.“
Ihre Blumen arrangiert Susanne Kieser zu ganz besonderen Sträußen, die sehr lebendig und einzigartig wirken. Denn ihre Blumen sind keine genormte Einheitsware, sie haben Persönlichkeit. Kieser spricht von „Blüten mit Herz und Gefühl“. Und mit Duft: „Meine Sträuße riechen immer.“ Schließlich bindet sie auch Minze, Salbei und andere Kräuter hinein. „Ich lasse die Leute aber vorher Probe riechen, ob ihnen der Duft zusagt.“
Mehr zum Thema unter www.slowflower-bewegung.de. Susanne Kieser erreicht man per E-Mail an: vom-blumenacker@t-online.de, Telefon 01 56/78 19 16 61.
Der Weg zu Slowflowers
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Susanne Kieser erreicht man per E-Mail an: vom-blumenacker@t-online.de, Telefon 01 56/78 19 16 61.