Kein Sprung in unbekanntes Gewässer – guter Schwimmunterricht hilft dagegen besser als ein Zaun, meint unser Redakteur. Foto: dpa/Jan-Philipp Strobel

Viele Städte und Gemeinden bauen aus Angst, verklagt zu werden, Spielgeräte ab und umzäunen Stege. Doch Schilder und Verbote beseitigen nicht das eigentliche Problem, findet unser Redakteur.

Einige Städte und Gemeinden rüsten ihre Badeseen fast schon panisch um. Die Devise scheint zu lauten: Weg mit Spielgeräten, her mit Zäunen und Verbotsschildern, die Kinder, Jugendliche und Senioren davon abhalten sollen, sich wie die Lemminge ins Wasser zu stürzen. Das seien nötige, gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsvorkehrungen, sagen die einen – Vollkaskomentalität und Panikmache sagen die anderen.

Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 355 Menschen ertrunken, eine traurige Zahl. Doch das eigentliche Sicherheitsrisiko ist nicht die Existenz von Stegen und Badeinseln, sondern das Verhalten von Menschen. Seit Jahrzehnten warnt die DLRG, dass der Anteil von Nichtschwimmern in Deutschland stetig zunimmt. Anfang der 90er-Jahre waren neun von zehn Zehnjährigen sichere Schwimmer. Im Jahr 2017 waren es weniger als sechs. Wer richtig schwimmen lernt, kennt die Baderegeln. Etwa, dass es gefährlich ist, mit aufgeheiztem Körper sofort ins Wasser zu gehen oder Kopf voran in unbekanntes Gewässer zu springen.

Gute Ausbildung ist der wichtigste Beitrag zur Sicherheit unserer Kinder

Laut Roten Kreuz ist die häufigste Ursache von tödlichen Badeunfällen die Verletzung der Aufsichtspflicht durch Eltern. Nun können diese ihre Augen nicht überall haben, und entgegen weitläufiger Vorstellungen ertrinkt ein Mensch nicht schreiend und mit Wasser spritzend, sondern still und unbemerkt. Was die Ausbildung der jungen Schwimmer noch einmal wichtiger macht. Doch wir erleben seit der Corona- und nun auch in der Energiekrise, dass uns als Gesellschaft diese Ausbildung offenbar nicht allzu viel wert ist. Gelernte Rettungsschwimmer gibt es in der Konsequenz nicht mehr genügend. Und wenn es sie gäbe, kann oder will man sie sich nicht leisten. Da stellt man lieber Zäune und Schilder auf und ist hinterher juristisch aus dem Schneider, falls doch etwas passieren sollte.

Das Land verfiel auch bei den Kreisverkehren in Panik

Das Land Baden-Württemberg hat schon beim Abbau von angeblich gefährlichen Kreisverkehren in vorauseilendem Gehorsam sämtliche Kreisel zu Hochsicherheitszonen gemacht. Kein anderes Bundesland ging so streng vor. Nun überlässt das Land es den Städten und Gemeinden, einzeln über ihre Badeseen zu entscheiden. Ein Blick nach Bayern zeigt aber, dass gewisse Leitlinien Klarheit schaffen können, wo die Verantwortung einer Stadt endet – und die Selbstverantwortung der Menschen beginnt.