Mit dem E-Tretroller die letzten Meter von der Bahn nach Hause – so funktioniert Mobilität als System bereits heute schon in Ansätzen. Foto: picture alliance/dpa/Edith Geuppert

Am Fraunhofer-Institut in Stuttgart forscht Nicolaj Motzer unter anderem dazu, wie man sich am besten ohne Auto fortbewegt. Welches Zeugnis stellt er Stuttgart aus?

Herr Motzer, welches Fahrzeug teilen Sie am häufigsten mit anderen?

Ich bin ÖPNV-Liebhaber, was ja eine Urform von Sharing ist. Die Kombi dazu wäre bei mir am ehesten der E-Tretroller, das bietet sich bei uns von der Haltestelle Universität zum Fraunhofer-Institut immer ganz gut an. Wenn man knapp dran ist, kann man sich schnell so einen E-Tretroller schnappen.

Steht Stuttgart bei der Sharing-Mobilität gut da?

Klar gibt es so ein paar Vorreiter wie Karlsruhe, die schon früh in Carsharing eingestiegen sind, oder auch Berlin als Metropole, die einfach aufgrund der Größe und Population andere Möglichkeiten haben. Aber Stuttgart mit Berlin zu vergleichen ist wahrscheinlich in jeder Hinsicht schwierig. Ich würde aber sagen, dass Stuttgart von der Anbieterbreite solide dasteht, aber im Bereich der Vernetzung verschiedener Sharing-Möglichkeiten wie zum Beispiel durch Mobilitätsstationen noch mehr getan werden könnte.

Fällt Ihnen trotzdem ein Angebot ein, das Stuttgart guttun würde?

Es gibt zwar Bike-Sharing- und teilweise auch E-Bike-Sharing-Anbieter in Stuttgart. Doch wenn man das vielleicht noch mal verstärken würde, hätte das sicher einen Effekt. Einfach auch wegen der Topografie. Zweiter Punkt wäre ein weiteres Ride-Hailing-Angebot, also ein privater Taxidienst wie Uber.

Aber Uber gibt es hier doch schon.

Genau, aber wenn man das beispielsweise mit den USA vergleicht, ist es hier sehr, sehr spärlich ausgebaut. Da wartet man sehr lange auf ein Fahrzeug.

Welches Sharing-Angebot wird es auch in 20 Jahren noch geben?

Man sieht sehr dynamische Entwicklungen. Zum Beispiel diese E-Tretroller, sie sind 2018 aus dem Boden gestampft worden und auf einmal global verfügbar. Genauso schnell kann eine Mobilitätsform auch wieder weg sein, vor allem so eine neue. Grundsätzlich ist das aber auch eine politische Frage. Wir denken die Sharing-Mobilitätsform immer als System mit dem ÖPNV, als Ergänzung, als Zubringer, als Lückenschließer. Gibt es weitere ÖPNV-Förderung? Oder Pkw-Sanktionierungen? Das sind große Mittel, um das Mobilitätsverhalten zu beeinflussen. Es ist zu erkennen, dass die Entwicklung von den Sharing-Geschäftsmodellen absolut progressiv ist. Schwer zu sagen ist, mit welchen Fahrzeugen wir uns in Zukunft bewegen werden, womöglich sind sie teils autonom.

Was halten Sie von der Polygo-Karte, mit der man als Abo-Inhaber im VVS-Gebiet Vorteile hat?

Da sind wir wieder beim Thema: Mobilität als System denken. Man kann mit der Karte weitere Mobilitätsformen günstiger dazubuchen, da sehen wir Potenzial, um ein multimodales Angebot zu schaffen. Wenn man das weiterdenkt, wäre das Mobility-as-a-Service. Das heißt, ich komme von A nach B mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln auf einer Wegestrecke. Ich fahre beispielsweise die ersten zehn Minuten mit dem Fahrrad, steige um in die S-Bahn und fahre die letzten fünf Minuten mit dem E-Tretroller. Das ist vielversprechend mit Blick auf die Zukunft. Die Polygo-Karte ist da eine gute Grundlage.

Zur Person

Werdegang
Nicolaj Motzer, 27, hat den Bachelor und Master in BWL gemacht. Seine Masterarbeit hat er beim Fraunhofer-Institut in Stuttgart geschrieben.

Fraunhofer
Beim Fraunhofer-IAO gehört Motzer seit einem Jahr zum Team Mobility Ecosystems im Forschungsbereich Mobilitäts- und Innovationssysteme. ana