Die Angst vor Nordkorea – hier eine Militärparade in Pjöngjang – beherrscht die Politik im Süden des Landes. Der Militärdienst ist obligatorisch. Foto: dpa

In Südkorea gibt es große Vorbehalte gegenüber sexuellen Minderheiten. Eine Transfrau beim Militär musste das jetzt bitter erfahren. Doch ihr Fall löst eine landesweite Debatte aus.

Seoul - Jeder heranwachsenden Mann Südkoreas weiß: Früher oder später wird er 24 Monate lang beim Militär zur Waffe greifen müssen. Schließlich verharrt das Vaterland seit 1950 formal noch immer im Kriegszustand mit Nordkorea. In den Kasernen des Landes verkünden Offiziere daher jeden Morgen, dass man im Ernstfall bereit sein muss zur Verteidigung. Doch zählen junge Männer noch als Soldaten, wenn sie vor Ort zu jungen Frauen werden? Diese Frage, die man in Südkoreas Verteidigungsministerium bisher für hypothetisch gehalten haben mag, ist gerade zu einem hochaktuellen Streitthema geworden. Die 22-jährige Unteroffizierin Byun Hee-soo, die als Mann in der Kaserne unter Depressionen litt, unterzog sich im November auf Anraten der Ärzte einer Geschlechtsoperation. Daraufhin wurde sie entlassen. Begründung: die neugewordene Frau sei zum Militärdienst nicht mehr fähig.

„Tiefverwurzelte Intoleranz“

In Südkorea schlägt das Thema nun hohe Wellen. Mehrere große Zeitungen stellen die Frage, ob sich das Militär nicht modernisieren müsse. Debattiert wird auch über die generelle Ungleichbehandlung in einem Land, das kein Antidiskriminierungsgesetz hat und sich schwer damit tut, von heterosexuellen Normvorstellungen abzuweichen. Byun Hee-soo klagt nun vor Gericht gegen ihre Entlassung und will damit die Gesellschaft aufrütteln. Südkorea, so Byun, leide unter einen „tiefverwurzelten Intoleranz“ gegenüber Minderheiten. Na Young, Vorsitzende einer Anti-Diskriminierungs-Organisation, sieht das genauso: „Sexuelle Randgruppen sind am Arbeitsplatz, in der Politik und in der Familie immer noch mit Vorurteilen konfrontiert.“

Medien stellen zugleich die Frage, warum Südkoreas Militär, anstatt eine Transfrau zu entlassen, nicht vielmehr froh darüber ist, dass sie Soldatin sein will. Byun Hee-soo betont, es sei schon als Kind ihr größter Traum gewesen, ihr Land zu verteidigen. Sie hat auch schon einen konkreten Vorschlag gemacht, wie das funktionieren könnte. Ihr schwebt eine Stelle als Inklusionsbeauftragte vor: „Wenn man mich auf Grundlage meiner persönlichen Erfahrungen engagiert, könnte das eine positive Auswirkung für das gesamte Militär haben.“