Am Sonntag tritt erstmals ein homosexuelles Paar in Baden-Württemberg vor den Kirchenaltar. (Symbolbild) Foto: picture alliance/dpa/Wolfram Kastl

Lange hatten die württembergische Protestanten mit sich und den Segnungsgottesdiensten für homosexuelle Paare gerungen. Dann gelang der Kompromiss. Nun traut sich das erste Paar - und dem Pfarrer fällt ein Stein vom Herzen.

Stuttgart - Es war ein hartes Ringen bis zum Kompromiss. Nun steht am Sonntag (10.00 Uhr) zum ersten Mal ein gleichgeschlechtliches Paar in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg vor dem Altar, um sich in einem öffentlichen Gottesdienst segnen zu lassen. Die beiden Männer sind bereits zivil verheiratet. „Wir wünschen uns für unsere Ehe den Segen Gottes, denn das ist uns beiden wichtig“, zitiert die Landeskirche das schwule Paar.

Das württembergische Kirchenparlament, die sogenannte Synode, hatte vor mehr als einem Jahr beschlossen, dass ein Viertel der Kirchengemeinden ihre örtliche Gottesdienstordnung ändern und Segnungsgottesdienste nach der zivilen Eheschließung anbieten dürfen. Das Gesetz schließt auch Menschen des dritten Geschlechts ein, die also weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht angehören.

Im Jahr 2017 war ein erster Vorstoß, öffentliche Segnungen landeskirchenweit als Amtshandlung einzuführen, knapp gescheitert. Das Thema wird kontrovers debattiert, weil theologisch konservative Kreise aufgrund ihres Bibelverständnisses praktizierte Homosexualität ablehnen.

Der Pfarrer der Stuttgarter Leonhardsgemeinde, Christoph Doll, sagte im Vorfeld des Gottesdienstes: „Ich bin sehr froh, dass ich künftig lesbische und schwule Ehepaare nicht mehr wegschicken muss.“ Es sei überfällig gewesen, solche Gottesdienste zu ermöglichen. „Für die bisher sehr hartherzige Linie in unserer Landeskirche habe ich mich oft geschämt“, sagte Doll.

Nach Angaben der Landeskirche können bislang 23 der rund 1300 württembergischen Gemeinden Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare anbieten. Rund 170 der 1300 landeskirchlichen Gemeinden sind im Gespräch mit dem Evangelischen Oberkirchenrat, um die lokale Gottesdienstordnung zu ändern.