Nach 20 Jahren endete im Juni 2021 die Afghanistan-Mission der Bundeswehr. (Archivbild) Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Dem Bericht zu Folge will sich die Taliban für den Schutz deutscher Ortskräfte in Afghanistan einsetzen. Deutsche Diplomaten haben Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Zusage.

Berlin -

Die Bundesregierung hat laut Berichten von ZDF und „Bild“-Zeitung in der vergangenen Woche Geheimgespräche mit Vertretern der radikalislamischen Taliban geführt. Diese hätten in Katars Hauptstadt Doha stattgefunden, hieß es. Die Taliban hätten dabei versichert, sie wollten sich für den Schutz früherer Ortskräfte der Deutschen in Afghanistan einsetzen, berichtete das ZDF.

Deutsche Diplomaten hätten allerdings Zweifel am Wert dieser Zusage, hieß es im ZDF weiter. Die Abordnung der Taliban wurde dem Sender zufolge von Abdul Haq Wasiq angeführt. Der frühere Guantanamo-Häftling werde von den Taliban als „Leiter der europäischen Sektion des Islamischen Emirats Afghanistan“ bezeichnet. Die deutsche Delegation sei von dem Afghanistan-Beauftragten der Bundesregierung, Jasper Wieck, geleitet worden.

Linken-Politikerin kritisiert Vorgehen der Regierung

Das Auswärtige Amt bestätigte laut ZDF eine Zusammenkunft mit den Taliban, jedoch ohne nähere Einzelheiten zu nennen. Die Taliban rücken in Afghanistan derzeit immer weiter vor. Seit dem Beginn des Abzugs der Nato-Truppen haben die Islamisten weite Teile des Landes erobert, bislang aber keine größeren Städte. Doch setzen die Taliban ihre Offensiven auf mehrere Provinzhauptstädte fort.

„Es ist unerträglich, dass die Bundesregierung versucht, mit der islamistischen Terrorgruppe Geheimvereinbarungen über das Schicksal der Ortskräfte der Bundeswehr in Afghanistan abzuschließen“, erklärte die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen zu den Regierungsgesprächen mit den Taliban. Sie drängte auf die umgehende Aufnahme gefährdeter Ortskräfte in Deutschland, statt den Taliban Garantieversprechungen über deren Sicherheit abhandeln zu wollen.

Gegenleistungen müssen offengelegt werden

Zudem müsse sich die Regierung auch zu möglichen Gegenleistungen an die Taliban äußern. Dagdelen nannte es „völlig unverständlich, dass die Taliban von der Bundesregierung offenbar als Verhandlungspartner über die Sicherheit der Ortskräfte angesehen werden, während die islamistische Terrorgruppe bei ihrem Vormarsch zahlreiche Gräueltaten gegen Andersdenkende, säkulare Afghanen oder die Angehörigen von Minderheiten begeht.“

Die letzten in Afghanistan stationierten Bundeswehrsoldaten waren Ende Juni nach Deutschland zurückgekehrt. Der Einsatz hatte nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA begonnen.