Anja Schneider arbeitet für die Lernbrücken und unterstützt hier einen Schüler der 5. Klasse am Königin-Katharina-Stift. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Das Interesse am Lernhilfeprogramm des Landes war in Stuttgart recht groß, doch zum Zug kam nur ein Bruchteil der Schulen, die sich darum beworben hatten – vor allem Gymnasien. Die Landes-SPD übt daran Kritik.

Stuttgart - Viele Schülerinnen und Schüler haben mit Wissenslücken, mit sozialer Isolation und emotionalen Defiziten zu kämpfen. Der Grund dafür sind die langen Schulschließungen während der Coronapandemie. Das Kultusministerium hat den Schulen deshalb Unterstützung bei der Überbrückung von Lernlücken angeboten mit dem Programm „Bridge the Gap“ oder auf Deutsch: Lernbrücken. Das Echo auf das Angebot war bei den 160 öffentlichen und vielen weiteren Schulen in privater Trägerschaft Stuttgarts deutlich, umsetzbar war allerdings nur ein Bruchteil.

Nur 30 Schulen bekommen Zusage

Wie das Kultusministerium auf eine Anfrage der SPD-Landtagsabgeordneten Katrin Steinhülb-Joos mitteilt, nahmen zuletzt nur 16 Stuttgarter Schulen an dem Programm teil. Interesse hatten insgesamt 66 Schulen angemeldet, 40 davon waren Grundschulen, neun Realschulen, sechs Gemeinschaftsschulen, fünf Werkrealschulen und sechs Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ). Vonseiten der Beruflichen Schulen habe es keine Anmeldung gegeben, bei den allgemeinbildenden Gymnasien gab es 17 Anmeldungen, 13 wurden bedacht, vier landeten auf der Warteliste.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Das nächste Schuljahr in Baden-Württemberg – 30 000 externe Helfer gesucht

Das Staatliche Schulamt habe 27 Schulen aus triftigem Grund zur Teilnahme am Programm empfohlen oder nachgemeldet. „Dass nur 16 Schulen den Zuschlag erhalten haben, ist unglaublich enttäuschend“, sagt die Landtagsabgeordnete und langjährige Rektorin einer Stuttgarter Gemeinschaftsschule Katrin Steinhülb-Joos. Dass so viele nicht zum Zug gekommen seien, hält sie für „skandalös“. Der Grund für die Absagen an die Bewerber ist ungeklärt. Steinhülb-Joos vermutet einen „Mix aus organisatorischen Problemen und fehlenden Studierenden“.

Vorteil für Gymnasien

Insgesamt sind 48 Studenten und Studentinnen der Uni Stuttgart und der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg vier Stunden pro Woche an den teilnehmenden Schulen auf Honorarbasis tätig, die Hälfte von ihnen an Gymnasien. „So blieben viele Gemeinschaftsschulen, Realschulen, Werkrealschulen und SBBZs eklatant unterversorgt“, so die SPD-Politikerin.

Keine gute Botschaft

Die Studierenden haben sich bei den Schulen direkt beworben und lernten seit dem Ende der Pfingstferien mit den Kindern und Jugendlichen in kleinen Gruppen. Insbesondere die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler in den Kernfächern Deutsch, Mathematik, Fremdsprache sollten dadurch verbessert werden. „Dass Schulen nicht zum Zug kamen, ist eine ganz schlechte Botschaft an Eltern, Kinder, Lehrkräfte und Schulleiter und Schulleiterinnen“, sagt die SPD-Frau.

Neues Programm im Herbst

Momentan machen die Lernbrücken eine Pause – bis zu den letzten beiden Wochen der Sommerferien. Zu Beginn des neuen Schuljahrs 2021/2022 bietet das Kultusministerium das Programm Lernen mit Rückenwind an. Damit sollen die Kinder sowohl fachlich unterstützt werden in Deutsch, Mathematik und Englisch sowie in den Profilfächern der beruflichen Schulen, aber auch sozial-emotional gestärkt werden. Zielgruppe dafür sind Kinder und Jugendliche in den Versetzungs- und Abschlussklassen, deren Bildungserfolg in besonderem Maße gefährdet ist. Das Angebot soll es in der Schulzeit, im Ganztag, in Zusammenarbeit mit der Schulsozialarbeit und der Jugendhilfe und anderen Institutionen geben.