Eine Kücheninsel mit schwarzer Front und Holzelementen ist typisch für eine moderne Küche. Foto: imago/Mareen Fischinger

Was die Küchentrends 2023 über das Zusammenleben der Menschen verraten – und warum der Mensch smarte Kühlschränke liebt, mit denen er sprechen kann.

Die Küche zählt zu den wichtigsten Räumen in einer Wohnung oder einem Haus. Sie ist weit mehr als nur ein Ort, an dem Essen zubereitet wird. Die Küche dient auch als Treffpunkt der Bewohner. Und wer schon einmal auf einer Hausparty war, der weiß: Die Küche ist auch der Ort, an dem sich die Gäste am liebsten aufhalten. Das ist besonders dann der Fall, wenn es sich bei der Küche um eine offene Küche handelt. Diese ist zu einem Statussymbol geworden. Denn nicht jeder kann sich eine offene Küche leisten, der Preis für eine offene Küche liegt häufig im mittleren fünfstelligen Bereich.

Im Unterschied zur geschlossenen Küche ist die offene Küche kein separater Raum, sondern ist direkt mit dem Ess- und Wohnzimmer verbunden, sodass die Küche auch vom Esstisch oder Sofa aus gesehen werden kann. Vor diesem Hintergrund sagt Volker Irle, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche: „Die Küche ist zu einem echten Blickfang geworden.“ Das Design der Küche habe so massiv an Bedeutung gewonnen, dass es die Gestaltung der angrenzenden Räume präge.

Die Geschichte der offenen Küche

Tatsächlich ist die offene Küche keine neue Erfindung. Unter anderem Namen gab es sie schon im 19. Jahrhundert: Wohnküche. Diese hieß damals so, weil sie sich aus dem Wohnzimmer heraus entwickelte. Die Geschichte der Küche begann damit, dass der ursprünglich nur zum Heizen gedachte Ofen im Wohnzimmer ein Kochfeld erhielt.

Später erweiterten die Erfinder des Kochfeldes den Ofen mit seitlichen Flügeln für zusätzliche Warmhalte- und Abstellflächen. Zudem entstanden um den Ofen herum Schränke als Stauraum für das Kochgeschirr. Dann kam noch ein Waschbecken hinzu. Außer Stauraum für Lebensmittel war also alles vorhanden, was eine Küche ausmacht. Es fehlte jedoch an einem stimmigen Gesamtkonzept.

Das änderte sich 1926, als die Wiener Architektin Margarethe Schütte-Lihotzky die „Frankfurter Küche“ vorstellte. Diese gilt heute als Archetyp der modernen Einbauküche. Schütte-Lihotzky hatte die „Frankfurter Küche“ mit dem Ziel entworfen, eine Küche zu schaffen, die so praktisch wie ein industrieller Arbeitsplatz ist. Das Ergebnis: ein eigener Raum mit Küchenzeile, in dem jedoch die Hausfrau vom restlichen Wohnraum isoliert wurde. Seither hat sich das Rollenverständnis von Mann und Frau stark verändert. Die klassische Hausfrau ist heute nicht mehr die Regel und wenn, dann möchte sie offensichtlich nicht allein und getrennt vom Rest der Bewohner am Kochtopf stehen. Jedenfalls ist die Küche der Gegenwart wieder zu einem Ort für alle geworden.

Küche beeinflusst Design angrenzender Räume

Weil der Übergang zwischen Küche und dem restlichen Wohnbereich heute fließend ist, bieten Küchenstudios inzwischen ganzheitliche Designkonzepte an. „Mithilfe raumübergreifender Konzepte lässt sich die offene Küche optisch besonders ansprechend mit dem Ess- und Wohnzimmer verbinden“, sagt Irle.

Heute gibt es in Küchenstudios nicht mehr nur Einrichtungsgegenstände für die Küche, sondern auch für andere Wohnbereiche wie Ess- und Wohnzimmer, Hauswirtschaftsräume, Bäder und Flure. „Wenn man möchte, planen Küchenstudios einem den gesamten Wohnbereich mit“, so Irle. „Für einen fließenden Übergang zum Ess- und Wohnzimmer bieten sich Sideboards, Glasvitrinen, Regale oder Sitzbänke an, die das Design der Küche in Farben, Materialien oder Designsprache aufgreifen“, sagt Jan Kurth, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Küchenmöbelindustrie.

Keine moderne Küche ohne Holzelemente und matte Oberflächen

Bei offenen Küchen sind sogenannte Pocket Doors im Kommen. Dabei handelt es sich um Einschiebetüren, mit denen sich die Küchenzeile verstecken lässt. „Mit Pocket Doors lassen sich Küchengeräte wie die Kaffeemaschine oder der Mixer ganz einfach zum Verschwinden bringen“, erläutert Volker Irle die Vorzüge der Einschubtüren, die beim Öffnen in der Seitenwand des Küchenschranks verschwinden.

Bei Küchen ohne diese Türen sind derzeit besonders Fronten mit vertikalen Holzrillen angesagt. Typisch für eine moderne Küchenzeile sind helle Hölzer wie Eiche in Kombination mit matten Lackoberflächen in hellen wie auch in dunklen Farben. „Aber auch dezentes Grün oder Rot sind im Trend“, erklärt Irle. Bei den Küchenschränken zeigt sich Kurth zufolge die zunehmende Bedeutung der Beleuchtung in der Küche. So seien diese immer häufiger mit beleuchteten Griffen ausgestattet.

In der modernen Küche werden viele verschiedenen Materialien miteinander kombiniert. Das gilt auch für die Arbeitsplatte. Hier rät die Interiorexpertin Ute Laatz auf Naturmaterialien wie Echtholz und Stein zu verzichten. Zwar würden diese natürlicher wirken als beispielsweise Schichtstoffe und Laminate, dafür seien sie deutlich empfindlicher. Laatz empfiehlt stattdessen Arbeitsplatten aus Verbundwerkstoffen. Diese böten die beste Kombination aus Natürlichkeit und Pflegeleichtigkeit.

Weniger Fingerabdrücke bei Küchenmöbeln dank Smart Glas

Die Pflegeleichtigkeit gehört auch bei der Wahl des Materials der Nischenwand zu den wichtigsten Kriterien. Denn an der Wand zwischen Arbeitsplatte und Oberschrank landen immer wieder Wasser- und Fettspritzer. Weil sich Fliesen einfach reinigen lassen, ist die Nischenwand traditionell gefliest.

Welche Alternativen es gibt, um die Wand hinter dem Kochfeld und Waschbecken vor Spritzern zu schützen, stellt Ute Laatz in ihrem Buch „Das große Callwey Wohnbuch“ (Callwey Verlag) vor, darunter ein abwaschbarer Anstrich und sogenannte Smart Glas. Was die Vorzüge des Kunstglases sind, erklärt Volker Irle: „Smart Glas sieht aus wie Echtglas, ist jedoch kratzfester, bruchfester und unempfindlich gegen Fingerabdrücke.“ Letztere Eigenschaft wird auch bei Küchenmöbeln immer wichtiger. Immer mehr Küchenmöbel verfügen über eine Antifingerprint-Beschichtung.

Kühlschrank bei schmutzigen Händen per Sprachbefehl öffnen

Weil es bei der offenen Küche keine Trennwand zwischen der Küche und dem restlichen Wohnbereich gibt, ist es besonders wichtig, dass die Küchengeräte leise sind. Neben der Lautstärke spielt auch die Energieeffizienz der Elektrogeräte eine zentrale Rolle. Hier haben die Hersteller im vergangenen Jahrzehnt große Fortschritte gemacht.

Nach Angaben der EU-Kommissarin für Energie, Kadri Simson, hatten Ende Februar 2021 mehr als 90 % der gekennzeichneten Produkte die Klasse A+, A++ oder A+++ erreicht. Daher führte die Europäische Union im März 2021 neue Energielabels ein. Auf der neuen Skala von A bis G entspricht die abgeschaffte Energieeffizienzklasse A+++ der Klasse C.

Die Weiterentwicklung der Küchengeräte hört bei der Energieeffizienz aber nicht auf. So gibt es auch funktional viele Neuerungen. Beispielsweise verfügen inzwischen erste Kühlschränke über einen Smart Speaker, also einen mit dem Internet verbundenen Lautsprecher. So lässt sich der Kühlschrank auch im Falle schmutziger Hände problemlos per Sprachbefehl („Öffne den Kühlschrank“) öffnen. „Im Inneren des Kühlschranks verlängern unterschiedliche Temperaturzonen und feiner Dampf die Haltbarkeit der Lebensmittel“, ergänzt Volker Irle.

Kühlschrank speziell für Weinflaschen

Neben modernen Kühlschränken werden auch Weinkühlschränke, die speziell der Lagerung von Weinflaschen dienen, immer populärer. Weinkühlschränke gibt es zu den verschiedensten Preisen (von einhundert bis mehreren tausend Euro). Der Preis eines Weinkühlschranks hängt stark von seiner Größe ab.

Auch Kochfeldabzüge, also Kochfelder mit einem integrierten Dunstabzug in der Mitte, zählen derzeit zu den Lieblingsprodukten in offenen Küchen, erklärt Irle. Wie die klassische Wandabzugshaube verhindert auch der Kochfeldabzug, dass sich Dampf und Geruch im Raum verbreiten. Zudem ist er verhältnismäßig leise und nimmt weniger Platz ein. Anstelle der Wandabzugshaube kann beispielsweise ein Regal für zusätzlichen Stauraum angebracht werden. „Beliebt sind offene Metall-Regale sowie Nischensysteme für Küchenutensilien“, so Jan Kurth.

Kochendes Wasser ganz einfach per Knopfdruck aus dem Hahn

Die neueste Technik macht neben der Wandabzugshaube auch den Wasserkocher und den Trinkwassersprudler überflüssig. Inzwischen gibt es Wasserhähne, aus denen auf Knopfdruck kochend heißes Wasser kommt – ebenso wie gefiltertes Trinkwasser und mit Kohlensäure versetztes Wasser. Und das jederzeit.

Das Beispiel Wasserhahn zeigt: Heute bietet die gleiche Fläche Raum für viel mehr technische Möglichkeiten als früher – ein gewisses Budget vorausgesetzt. Das sieht auch Volker Irle so: „Man muss heute auf Funktionalität nicht mehr verzichten, wenn man eine kleine Küche hat.“ Dies sei wichtig, da im Zuge der Urbanisierung immer mehr Menschen auf kleineren Wohnflächen leben. Und ist ein Beispiel dafür, dass gesellschaftliche Trends auch Küchentrends beeinflussen können.