So süß sie auch aussehen – Braunbären sind Raubtiere, denen man lieber nicht auf der Nase herum tanzt. Foto: dpa/Lino Mirgeler

Vor zwei Wochen wurde ein junger Mann in Norditalien von einem Braunbären getötet. Kann so etwas auch in Deutschland passieren?

Der Tod eines jungen Mannes in Norditalien versetzt derzeit viele Menschen in Angst. Der 26-Jährige wurde Anfang April beim Joggen von einer Braunbärin angegriffen und getötet. Die bereits mehrfach auffällig gewordene Bärin JJ4 ist die Schwester des Bären Bruno, der 2006 in Deutschland aufgetaucht ist. Ebenfalls am Mittwoch hat ein Bär mehrere Schafe auf einer Alm im oberbayrischen Rosenheim gerissen. Und auch in Tirol sind Bärenspuren im Schnee gesichtet worden. Zwar sind in Deutschland seit Beginn des 19. Jahrhunderts keine Braunbären mehr dauerhaft heimisch. Doch drängt sich die Frage auf: Kehren die Bären nach Deutschland zurück?

Staatliche Experten halten das grundsätzlich für möglich. Hinweise aus den bayerischen Landkreisen Oberallgäu und Garmisch-Partenkirchen würden zeigen, dass sich Braunbären an den Grenzgebieten zu Deutschland aufhalten, teilt das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit. „Auch zukünftig ist es durchaus möglich, dass weitere Bären nach Deutschland einwandern“, heißt es. Eine dauerhafte Wiederbesiedlung in unmittelbarer Zukunft sei zwar unwahrscheinlich, auf lange Sicht aber nicht auszuschließen.

Junge männliche Bären suchen nach neuen Revieren

Hin und wieder würde ein Bär die Grenze zu Deutschland übertreten, sagte Jörn Ehlers, Sprecher vom WWF. „Besonders Männchen suchen nach ihrem Revier oder einer Partnerin.“ Die Jungtiere verlassen ihre Mutter mit etwa drei Jahren und suchen sich etwas Eigenes.

Einige andere europäischen Länder haben schon mehr Erfahrung. Insgesamt 17 000 Braunbären sollen laut WWF aktuell in Europa leben. Das Karpatenland in Rumänien zählt eine der größten Populationen. Eine Studie, die das Umweltministerium in Auftrag gegeben hat, beziffert die Zahl der Bären in Rumänien mit 7500 bis 8000. Das Ministerium hält allerdings nur 4000 für vertretbar.

Rumänische Bürgermeister können einen Bären im Notfall erschießen lassen

Immer wieder reißen die großen Pelztiere Schafe, wühlen in Mülltonnen, dringen in Häuser und Ställe ein oder greifen zeltende Touristen an. In den Jahren 2021 und 2022 verzeichnete das Umweltministerium 47 Bärenangriffe auf Menschen. Manche Angriffe enden tödlich. Besteht akute Gefahr, können die Bürgermeister entscheiden, ob das Tier abgeschossen wird. Ein lokaler Fachausschuss unterstützt die Politiker bei ihrer Entscheidung. Umwelt- und Tierschützer kritisieren, dass das Problem der zunehmenden Bärenpopulation auf diese Weise gelöst wird.

In Italien sind Bären im Norden im Trentino, im Grenzgebiet zu Slowenien sowie im zentralen Apennin rund um die Regionen Abruzzen, Latium und Molise beheimatet. Im zentralen Apennin geht die italienische Umweltbehörde Ispra von ungefähr 50 Tieren aus. Die Population soll allerdings schrumpfen. Im Trentino melden die Behörden seit dem EU-Ansiedlungsprojekt „Life Ursus“ etwa 100 wild lebende Bären - dort nimmt die Zahl immer weiter zu.

Bayern hat einen Plan für den Umgang mit Bären entwickelt

Der Braunbär gilt als das größte landlebende Raubtier Europas. Seine Rückkehr in Deutschland könnte einige Herausforderungen mit sich bringen. Aufgrund dessen hatte Bayern bereits 2007 einen Plan entwickelt, der ein möglichst konfliktarmes Nebeneinander von Mensch und Bär ermöglichen soll.

Die Wiederkehr der Braunbären wird aber auch positiv gesehen. „Bären gehören eigentlich hier hin. Es wäre schön, wenn man sie hier hätte“, sagt Jörn Ehlers vom WWF. „Das kann ja auch die Wildnis attraktiv machen, wie in anderen Ländern.“ Wichtig sei jedoch ein gutes Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier.

Außerdem gelte es, einige Dinge zu beachten. Zum Beispiel sollte man einen Bären niemals füttern. Denn die Nähe zum Tier könnte gefährlich werden. Und sollte es zu Konfliktsituationen kommen, müssten kleinere Gebiete gesperrt und die Bären vergrämt werden. Per se seien sie jedoch ungefährlich. „Bären sind Opportunisten“, erklärt Ehlers. Sie würden den Menschen nicht von Natur aus angreifen, sondern lieber leichte Beute wie Schafe fressen.