Die Stuttgarter Bürgermeisterbank in Vollbesetzung. Sechs der acht Bürgermeister erhalten nun mehr Geld. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Stuttgarter Gemeinderat hat beschlossen, die Dienstaufwandsentschädigung der Bürgermeister kräftig zu erhöhen. Aus Sicht von OB Frank Nopper wird damit eine Benachteiligung beseitigt. Es gibt auch andere Meinungen.

Die dritte Verhandlungsrunde im öffentlichen Dienst steht am 27. und 28. März an. Das Angebot der kommunalen Arbeitgeber und des Bundes ist mit fünf Prozent mehr Gehalt bei einer langen Laufzeit des Tarifvertrages von 27 Monaten bisher weit hinter den Forderungen von Verdi, GEW, Beamtenbund und Co. zurückgeblieben (10,5 Prozent, mindestens 500 Euro für zwölf Monate). Für die sechs Fachbürgermeister im Stuttgarter Rathaus, die vom noch ausstehenden Tarifabschluss auch profitieren werden, ist aber jetzt schon Zahltag.

Stadt zahlt freiwillige Leistung

Der Gemeinderat hat am Donnerstag gegen die sieben Stimmen des Linksbündnisses beschlossen, die Dienstaufwandsentschädigung der Bürgermeister – eine freiwillige Leistung der Stadt – von bisher 352,92 Euro im Monat auf 823,49 Euro mehr als zu verdoppeln. Das höhere Zubrot (ab dem 1. April) soll den „durch das Amt allgemein verursachten erhöhten persönlichen Aufwand“ ausgleichen, heißt es im Gesetz. Worin dieser bestehen könnte, ist in der Gemeinderatsvorlage, die aus weniger als anderthalb Seiten besteht, nicht aufgeführt. Im Internet war sie auf Stuttgart.de am Donnerstag nicht eingestellt. Nach Anfrage unserer Zeitung erschien das Papier am Freitag auf der Seite, es habe sich um einen Bedienfehler gehandelt, so die Stadt. Ein Grund für das Versäumnis könnte die Sorge von OB Frank Nopper (CDU) sein, die Beigeordneten würden in ein schlechtes Licht gerückt. Dabei wird aus seiner Sicht nur eine seit 2004 herrschende Benachteiligung beseitigt.

Kürzung 2004 in Zeiten der Krise

Damals war das Geld knapp, die Schulden drückten gewaltig, weshalb man den Bürgermeistern die Hälfte der Zulage von 705,84 Euro strich. Der OB und sein Stellvertreter blieben ungeschoren, profitierten von der Regelung im Landeskommunalbesoldungsgesetz. Ein freiwilliger Teilverzicht als Solidaritätsadresse fand nicht statt. Die Aufwandsentschädigung – für den OB 13,5, für den Ersten Beigeordneten Fabian Mayer (CDU) neun Prozent des Grundgehalts – ist im Gesetz ein Muss. Bei den Kolleginnen und Kollegen erfolgt die Entschädigung freiwillig. Es „kann“ bis zu sieben Prozent des Grundgehalts gezahlt werden.

Scharfe Kritik aus dem Linksbündnis

Da komme am Monatsende einiges zusammen, kommentiert der Fraktionschef des Linksbündnisses, Hannes Rockenbauch. Frank Nopper ist als Stadtoberhaupt in der Besoldungsgruppe B 11 eingruppiert. Das entspricht aktuell einem Gehalt von knapp 15 300 Euro, das sich um 2065,50 Euro Aufwandsentschädigung erhöht. Sein Stellvertreter Fabian Mayer verdient rund 12 480 Euro (plus 1123 Euro Zulage). Die nun stärker honorierten Bürgermeister Alexandra Sußmann (Grüne), Isabel Fezer (FDP), Peter Pätzold (Grüne), Clemens Maier (FW), Thomas Fuhrmann (CDU) und Dirk Thürnau (SPD) kommen im Monat auf 11 765 Euro.

Die für die Bürgermeister gegenüber der bisherigen Regelung um 5646 Euro pro Jahr erhöhte Aufwandsentschädigung kostet die Stadt in diesem Jahr rund 26 000 Euro mehr, von 2024 an dann, gemessen an den aktuellen Vergütungen, 34 000 Euro pro Jahr. „Solidarität für Topverdiener“ sei das falsche Zeichen, so Rockenbauch in der Sitzung, Personalflucht drohe auf der Bürgermeistebank auch nicht, die Fraktionen hätten sich die Stellen zugeordnet. Das Linksbündnis ist, obwohl mit sieben Sitzen so stark wie die SPD, neben der AfD die einzige Fraktion, die keinen Bürgermeister stellt. Bei der jüngsten Wahl des Ordnungsbürgermeistes unterlag ihr Kandidat dem der Freien Wähler, die vier Sitze im Rat (60 Köpfe) belegen. Für die Fraktion Puls sagte Ina Schumann, man sei sicher, dass damit die Rekrutierung hoch qualifizierter Beigeordneter „zukünftig, ich meine weiterhin, gelingt“. OB Nopper verteidigte die Erhöhung als „angemessen und richtig“, er kenne keine Kommune, die wie Stuttgart die Zulage 2004 derart abgesenkt habe. Auch im Vergleich mit seiner und der Zulage des Ersten Bürgermeisters sei die Anhebung geboten. Sie mit den Tarifforderungen zu vergleichen sei dagegen „nicht statthaft“. Bei der Zulage gehe es „um die Ausschöpfung des vorgesehenen Maßes“.

Städtische Bedienstete streiken

Rockenbauch hält die Argumentation für absurd. Schon ohne Zulage zählten die Beigeordneten zu den Topverdienern. Am meisten stört ihn der Zeitpunkt der Entscheidung. Städtische Bedienstete bis zu den untersten Lohngruppen müssten wochenlang für eine angemessene Erhöhung streiken – für sich und letztlich auch für die Bürgermeister, die dann doppelt profitierten, aber keine Solidarität zeigten. Er fordert eine Stuttgart-Zulage, um die Stadt als Arbeitgeber attraktiver zu machen. Führungspositionen, in denen es keinen Mangel an Bewerbern gebe, würden dagegen nun mit noch attraktiveren Boni ausgestattet.