Die Göttin der Eintracht soll wieder mal runter auf die Erde, weil ihr 30 Meter hoher Platz nicht sicher genug ist. Foto: dpa/Marijan Murat Foto:  

Seit 160 Jahren thront die Göttin Concordia erhaben über der Stadt. Jetzt muss die Schöne erneut ihren exklusiven Aussichtsplatz räumen. Noch immer steht sie quasi auf wackligen Beinen. Am Donnerstag wird der Schlossplatz mal wieder zur Baustelle.

Nein, es ist nicht uncharmant, wenn man die vielen Kilos von Concordia erwähnt, die sie auf die nicht vorhandene Waage bringt. Bei Damen am Erdboden mag es ein Tabu sein, sich nach ihrem Alter und ihrem Gewicht zu erkundigen. Die Göttin der Eintracht in der erhabenen Spitzenposition der Jubiläumssäule aber errötet nicht, wenn die Leute wissen, dass sie 5000 Kilo, sprich fünf Tonnen, ihr eigen nennt. Und man darf auch verraten, wie alt sie ist. Mit ihren 160 Jahren hat sich die Bronze-Lady als ein Wahrzeichen der Stadt nämlich gut gehalten. Wenn nur dieses wacklige Podest nicht wär’, auf dem das fünf Meter hohe Denkmal thront.

Sanierung von 2013 bis 2016 war nicht erfolgreich

Schon einmal musste Concordia, die Gute, mit einem Kran von ihrem Logenplatz heruntergeholt werden. Diese Prozedur wiederholt sich nun. Die Sanierung von 2013 bis 2016 war nämlich nicht erfolgreich, wie sich im Herbst 2019 herausgestellt hat. Denn es wurden hoch oben unter der Göttin falsche Schrauben befestigt, weshalb es zu korrosionsbedingten Spannungen auf dem Podest mit der Kugel gekommen ist. Teile des Materials flogen herunter, weshalb bis heute ein Sicherheitsnetz oben auf der Säule gespannt ist, um die Passanten unten zu schützen.

Seit fast vier Jahren ist dieses beliebte Fotomotiv für Touristen nur mit Einschränkungen schön. Das grüne Netz stört, und fast schien es, als verschwinde es gar nicht mehr. Dazu bleibt wenige Meter weiter eine Brunnenfigur amputiert. Die beschädigte Putte wird vorerst nicht nicht restauriert. Weil auf dem Schlossplatz viel gefeiert wird, zuletzt die zentrale Silvesterparty der Stadt, ist der Beginn der Bauarbeiten immer weiter hinausgeschoben worden. Nun aber geht es endlich los. Wie Sebastian Engelmann, der Sprecher des Finanzministeriums, mitteilt, rückt an diesem Donnerstag der Bautrupp an, um das Gerüst zu errichten, das bis zur vierten Kalenderwoche fertiggestellt sein soll.

Restauratoren werden sodann die von Ludwig von Hofer geschaffene Concordia und ihre Löwen abbauen. Man kennt das vom letzten Mal. „Wenn alle Teile bis zum Kapitell abgebaut sind, werden die Schrauben am Boden ausgetauscht“, kündigt Engelmann an, „nach Abschluss der Arbeiten wird das Kapitell mit den Löwen und der Concordia wieder aufgebaut“. Abhängig von der Witterung plant das Finanzministerium „mit der Fertigstellung bis Ende Mai 2023“.

Wer trägt die Schuld an den falschen Schrauben?

Über einen Gutachter hat das Land prüfen lassen, wer für die anfälligen Schrauben verantwortlich ist, wer also für den finanziellen Schaden aufkommen muss. Das Ergebnis der Untersuchung: Weder die beauftragte Firma noch die Beamten, die für die Aufsicht zuständig waren, trifft nach Meinung der Experten eine Schuld. Das Land wird deshalb keine Regressforderungen stellen. Warum hat die zweite Sanierung solange auf sich warten lassen? Im Finanzministerium spricht man von einer „schwierigen Ursachenforschung unter Beteiligung der Materialprüfungsanstalt Stuttgart“. Der Untersuchungsbericht habe erst im August 2020 vorgelegt. Danach hab es gedauert, verschiedene Instandsetzungsvarianten zu entwickeln.

Als wolle man nicht, dass es Concordia auf der Säule zu langweilig wird, darf sie mal wieder einen Ausflug auf die Erde unternehmen. Zwar trägt sie Flügel, doch die ersparen es ihr trotzdem nicht, erneut an einen Kran gehängt zu werden. Die 160 Jahre alte Göttin kennt das bereits und hofft wohl nun, dass die Menschen diesmal nicht schon wieder einen Fehler machen. Aber so ist die Welt nun mal. Irren ist menschlich, nicht göttlich.