Lewis Hamilton vor Max Verstappen, ein gewohntes Bild – doch es war in Bahrain wesentlich knapper, als man vermuten könnte. Foto: dpa/Kamran Jebreili

Nach dem Saisonauftakt der Formel 1 feiert zwar wieder Lewis Hamilton einen Grand-Prix-Sieg, doch der kommt recht unerwartet. Max Verstappen bereit, dem Weltmeister einen harten WM-Kampf zu liefern.

Stuttgart/Sakhir - Selten zuvor in den vergangenen Jahren hat sich Toto Wolff so euphorisch über einen Grand-Prix-Sieg eines Mercedes-Piloten gefreut. Der Teamchef saß in der Garage und schleuderte beide Hände immer wieder in Richtung Decke – man hätte meinen können, gerade habe der Österreicher bei der Show „Wer wird Millionär“ die Millionenfrage korrekt beantwortet. Dabei hatte Lewis Hamilton bloß das Saisonauftakt-Rennen gewonnen, wobei ein Rennerfolg des Briten in den vergangenen Jahren nichts Sensationelles gewesen ist – es war sein 34. Triumph in einem Großen Preis seit 2018. Aber es war doch ein ganz Besonderer, weil er ihm so unerwartet widerfahren ist. „Was für ein schwieriges Rennen“, sagte der 36 Jahre alte Champion, „wir wussten, dass es schwierig wird. Es ist mir gerade noch gelungen, Max hinter mir zu halten.“

Max Verstappen bot das Kontrastprogramm. Der Niederländer schaute so enttäuscht aus dem Overall wie ein Bub, der sich auf seine Geburtstagsparty gefreut hatte, nun aber krank das Bett hüten musste. „Das ist sehr, sehr schade“, stöhnte der Red-Bull-Pilot, „positiv ist immerhin, dass wir mit Mercedes um den Sieg kämpfen konnten.“

Verstappen muss Platz eins wieder hergeben

Den überwiegenden Teil des Ärgers hatte Verstappen vor seinen Worten heruntergeschluckt. Denn der 23-Jährige hatte in der 53. von 56 Runden mit den deutlich frischeren Reifen den Weltmeister wie vorausberechnet überholt, war dabei allerdings in Kurve vier mit allen Reifen über die Streckenbegrenzung gefahren – die Rennleitung hatte Red-Bull-Teamchef Christian Horner angefunkt und darauf hingewiesen, dass Verstappen Hamilton wieder passieren lassen müsse, sonst würde es eine Strafe geben. Der Fahrer befolgte die Anweisung und ärgerte sich im Nachhinein darüber. „Warum habt ihr mich nicht fahren lassen? Ich hätte die fünf Sekunden locker herausgeholt“, funkte er erbost. Verstappen meinte die mögliche Fünf-Sekunden-Strafe für Überholen außerhalb der Strecke. Ob der Niederländer den nötigen Vorsprung wirklich herausgefahren hätte, wird die Motorsport-Welt nie erfahren. Nach dem Platztausch hatte der Red-Bull-Mann keine Chance mehr, Hamilton den Sieg noch zu entreißen – die Reifen bauten nicht mehr genügend Haftung auf. Selbst Toto Wolff wunderte sich über das Eingreifen der Rennleitung. „Es hieß erst, im Rennen gelten keine Streckenbegrenzungen“, sagte der Mercedes-Teamchef, „dann beschließen die Kommissare während des Großen Preises doch das Gegenteil. Das war der entscheidende Punkt.“ RB-Teamchef Christian Horner äußerte Unverständnis: „Es ist hart, auf diese Weise zu verlieren.“

Mercedes überwindet eine kleine Krise

Es war eine unerwartete Wiedergeburt des Seriensiegers der vergangenen Jahre. Die Silberpfeile waren vor zweieinhalb Wochen bei den Testfahrten in Bahrain noch deutlich zurückgelegen, und auch im Kampf um die Pole-Position wurden sie von Max Verstappen am Samstag klar geschlagen. Es fehle die Höchstgeschwindigkeit und die Power-Unit, die die nötige Energie für die Batterien liefere, arbeite nicht optimal, klagten sie bei Mercedes. Und nun folgte doch ein süßer Sieg. „Wenn man überlegt, wo wir vor zweieinhalb Wochen waren“, sagte Wolff, „da war wirklich fast Krise angesagt. Da haben wir uns jetzt langsam raus gearbeitet. Auf eine Runde fehlt es nach wie vor, im Rennen waren wir relativ ebenbürtig.“ Lewis Hamilton hätte am Samstag wohl kaum ein seinen Erfolg gewettet. „Das Auto ist einfach nicht gut beisammen. Bahrain war letztes Jahr auch schon nicht gut für uns“, klagte der Titelverteidiger, „diese Strecke und dieser Asphalt scheinen Red Bull besser zu liegen als uns.“

Red Bull will den Weltmeister herausfordern

Zwar kam der Sieger erneut aus dem Mercedes-Lager, doch dieser Auftakt lässt alle hoffen, die sich mehr Spannung im Kampf um den Titel wünschen. Red Bull ist zumindest auf Augenhöhe, was Christian Horner mit den Worten beschrieb: „Das Positive ist, dass wir Mercedes herausfordern können.“ Allerdings braucht es dazu wohl einen Ausnahmekönner wie Max Verstappen im Cockpit, denn der zweite Red-Bull-Pilot, Sergio Perez, beendete den Großen Preis von Bahrain lediglich auf Platz fünf – der Mexikaner konnte dabei werde das Tempo seines Teamkollegen noch das der Silberpfeile mitgehen.

Wie bei Red Bull, so blieb bei Mercedes der andere Pilot hinter der Vorstellung der (gefühlten) Nummer eins im Team zurück. Valtteri Bottas wurde zwar Dritter, doch er hielt stets einen unfreiwilligen Sicherheitsabstand zum Spitzenduo. Es sieht so aus, als laute das Duell der Saison Lewis Hamilton gegen Max Verstappen. „Das wollen wir die nächsten 22 Rennen. So macht das Spaß“, sagte Toto Wolff, „nicht, weil wir gewonnen haben und Dritter geworden sind, sondern auch, weil die Formel 1 diesen Kampf braucht.“ Damit hat der Mercedes-Teamchef für viele Fans gesprochen.