Die Aufnahme aus einem ADAC Rettungshubschrauber zeigt zwei aufeinander geprallte S-Bahnen an der Unfallstelle in der Nähe des Bahnhofes Ebenhausen-Schäftlarn. Foto: dpa

Wieder ist es eine eingleisige Strecke: Bei der Kollision zweier S-Bahnzüge stirbt ein Fahrgast. Es gibt viele Verletzte. War es menschliches Versagen?

München - Einen Tag nach dem S-Bahn-Unglück südlich von München ist die Unfallursache noch unklar. Wie die Polizei auf einer Pressekonferenz mitteilte, befanden sich am Dienstag vom Morgen an Mitarbeiter der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung an der Unglücksstelle, um die Ursache für den Zusammenstoß zweier S-Bahnzüge herauszufinden. Ergebnisse dazu – etwa ob es sich um einen technischen Fehler oder menschliches Versagen eines Lokführers handelt – sollen am Donnerstag mitgeteilt werden.

Triebwagenführer sind schwer verletzt

Am Montag gegen 16.35 Uhr krachten zwei Züge der Linie S 7 in Schäftlarn im Bereich des Bahnhofes Ebenhausen-Schäftlarn auf einem Gleis ineinander. Ein 24-jähriger Fahrgast aus Afghanistan wurde dabei getötet. Weiter mussten laut Polizei 18 Menschen stationär im Krankenhaus behandelt werden, darunter sind sechs Schwerverletzte, zu denen auch die beiden Triebwagenführer zählen. 25 weitere Passagiere wurden ambulant versorgt. Insgesamt befanden sich 95 Menschen in den Zügen, darunter viele Schüler. Schäftlarn liegt 20 Kilometer südwestlich von München. Endhaltestelle der S 7 im Süden ist Wolfratshausen. Am Abend und in der Nacht waren bis zu 800 Kräfte von Rettungsdienst, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk (THW) und Polizei im Einsatz. Auch kamen mehrere Hubschrauber zu Hilfe. Die Unglücksstelle, die auf einer Böschung liegt, bot am Dienstag weiterhin ein Bild der Zerstörung. Erst wenn die Bahn, Polizei und Staatsanwaltschaft ihre Arbeit abgeschlossen haben, werden die ineinander verkeilten Züge geborgen. Der THW-Einsatzleiter Andreas Frank geht davon aus, dass dies am Mittwoch geschehen kann.

Immer wieder Unfälle auf den Strecken

Teile der S-7-Strecke sind eingleisig. Das bedeutet, dass bei entgegenkommenden Zügen einer an einer Weiche warten muss, bis der andere vorbeigefahren ist. Dafür gibt es Stop-Signale. Auch war die Strecke nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ mit dem elektronischen Sicherungssystem PZB (Punktförmige Zugbeeinflussung) ausgestattet. Sensoren sorgen dafür, dass Züge automatisch gebremst und zum Stillstand gebracht werden, wenn eine Bahn auf dem gleichen Gleis entgegenkommt.

Ein Drittel des Münchner S-Bahn-Netzes verläuft eingleisig

Dennoch führen eingleisige Strecken immer wieder zu Unfällen und Gefahrensituationen. So waren erst im August vergangenen Jahres auf derselben Strecke und in der Nähe des jetzigen Unfallortes zwei S-Bahnen aufeinander zu gefahren, beide Lokführer bremsten und kamen 150 Meter voneinander entfernt zum Stehen. Ein Drittel des 50 Jahre alten Münchner S-Bahn-Netzes verläuft eingleisig, ebenso wie viele andere Zugstrecken in Bayern.

Beim Zugunglück in Bad Aibling am 9. Februar 2016 waren zwölf Menschen ums Leben gekommen. Die Strecke ist ebenfalls eingleisig, der Fahrdienstleiter war durch ein Handyspiel abgelenkt und hatte die Signale falsch gesetzt.

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Nach Angaben der Polizei war einer der Züge beim Schäftlarn-Unglück verspätet gewesen. Auch soll einer von ihnen gestanden haben. Aufgrund ihrer schweren Verletzungen konnten die beiden Lokführer noch nicht vernommen werden.

Die Strecke blieb in Teilen weiterhin gesperrt, die Bahn richtete mit Bussen einen Ersatzverkehr ein. Betrieben wird die S-Bahn von der Deutschen Bahn. Allenthalben herrscht Bestürzung über das Unglück. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte: „Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen.“ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verlangte, dass nun alles „rasch und umfassend“ aufgeklärt werden müsse.