Werbeplakate auf dem Boden sollen auf das neue Angebot aufmerksam machen. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Bei der Stuttgarter S-Bahn sollen Fahrgäste jetzt schon beim Warten erfahren, wie voll der nächste Zug ist – und in welchem Waggon noch Platz ist. Doch die Technik hat ihre Tücken.

Die S-Bahn in Stuttgart ist eines von zwei Nahverkehrsnetzen, in denen die Bahn jetzt sogenannte Auslastungsanzeigen erprobt. Fahrgäste sollen so eher ein freies Plätzchen in den Zügen finden. Und die Bahn baut darauf, damit die Haltezeiten an den Stationen zu minimieren. In Zeiten notorisch angespannter Fahrpläne könnte das ein kleiner Beitrag zu mehr Pünktlichkeit sein.

Hoher technischer Aufwand

Der Weg dahin ist aber lang. Von den 81 Stationen des S-Bahnnetzes sind 79 technisch dafür umgerüstet, ausgerechnet der stark frequentierte Halt am Hauptbahnhof aber ebenso wenig wie jener an der Schwabstraße. 34 der derzeit 157 S-Bahnen verfügen über das notwendige Equipment, zwei Fahrzeuge können pro Monat umgerüstet werden. Zunächst kommen nur Fahrgäste der Linien S6, S60 und S62 in den Genuss des neuen Informationsangebotes.

Herausforderungen, die Kateryna Wiedergold nicht schrecken. Sie ist bei der S-Bahn Stuttgart für Innovationsprojekte verantwortlich. Und erklärt, wie das System die Fahrgäste über die Auslastung der Züge informiert. Kurz bevor der Zug in die Station einfährt, werden die Waggons auf den Anzeigen am Bahnsteig symbolisch dargestellt. Aus der Grafik ist zu entnehmen, wie lang die Bahn ist, die da kommt. Und in jedem der vier Wagen, aus denen ein Zug besteht, geben Personenpiktogramme Aufschluss darüber, wie viele Passagiere unterwegs sind. Ist der Platz zur Hälfte belegt, erscheint eine stilisierte Person, bis 75 Prozent Auslastung werden zwei Personen angezeigt, bei noch mehr Fahrgästen sind es drei.

Auch Fahrräder sollen erkannt werden

Ein unscheinbares, schwarzes Gerät, das in den Bereich über den Türen eingebaut ist, erfasst die Zahl der Ein- und Aussteigenden. „Noch registriert das System nur Menschen, später soll es auch Fahrräder erkennen“, sagt Kateryna Wiedergold. Die Genauigkeit liege bei mehr als 99 Prozent. Das hätten manuelle Vergleichzählungen ergeben.

AFZ lautet das Kürzel für das Kästchen, dahinter verbirgt sich die Automatische Fahrgastzählung. Allerdings ist diese blind für die Vorgänge abseits der Türbereiche. Um herauszufinden, wohin sich die eingestiegenen Passagiere innerhalb der Waggons orientieren, soll in einem weiteren Schritt auf die WLAN-Daten der Fahrgast-Geräte zurückgegriffen werden. Dass sei alles so anonym, dass es keine Probleme mit dem Datenschutz gebe, versichert Wiedergold. Das gelte auch für den Umstand, dass die von den Bahnen erfassten Daten zur Bearbeitung nach London und von dort wieder zurück auf die Rechner in Stuttgart geschickt werden.

Versuch der leuchtenden Bahnsteigkante

Es ist nicht der erste Anlauf in Stuttgart, die Abläufe beim Fahrgastwechsel technisch zu optimieren. In Bad Cannstatt etwa gab es den Versuch der sogenannten leuchtenden Bahnsteigkante. Kleine Lichtquellen, die in den Boden eingelassen waren, sollten die Stellen markieren, an denen die Türen der Bahnen halten. Längst sind die leuchtenden Helfer wieder demontiert.

Die neue Auslastungsanzeige hingegen soll noch weiter entwickelt werden. So könnte die Technik auch dafür sorgen, dass die Prognosen zum Platzangebot in den Bahnen auch auf den Smartphones der Passagiere angezeigt werden. Doch das ist noch ein langer Weg. Beim Pressetermin zickte die neue Technik – und weigerte sich beharrlich, Auskunft über den Andrang in den Bahnen zu geben.