Natalie Geisenberger war in Quarantäne – und wusste den Grund nicht. Foto: imago images/CEPix / Christian Einecke via www.imago-images.de

Natalie Geisenberger und ihr Rodelkollege Felix Loch kritisieren die Wettkampfstätten in Peking, wo auch strenge Coronaregeln gelten.

Stuttgart - Natalie Geisenberger und Felix Loch staunten nicht schlecht: Die gigantische Eisrinne in den Bergen von Yanqing hatte die beiden Deutschen schwer beeindruckt. Am Wochenende absolvieren sie dort auf der Olympiabahn für die Winterspiele 2022 den Weltcup-Auftakt. Am Samstag sind die Männer dran, am Sonntag die Frauen.

Die Chinesen haben geklotzt und nicht gekleckert. Aus dem Nichts ließen sie eine imposante Anlage entstehen. „Ich sehe das schon kritisch“, sagte Loch. Was er da sehe, sei „übertrieben“ und „überdimensional“. „Das ist Protz, um der Welt zu zeigen, was sie können“, sagte der dreimalige Olympiasieger. Auf fast zwei Kilometern schlängelt sich das Yanqing Sliding Center den Berg herunter, die Form soll an einen chinesischen Drachen erinnern. Das gefällt den Athleten, auch im Hinblick auf das Fahrerische ist die Eisrinne spektakulär. Natalie Geisenberger ist von der hochmodernen und komplett überdachten Anlage begeistert. „Die Lichtverhältnisse sind immer gigantisch, auch unterschiedliche Witterungsverhältnisse fallen als Faktor komplett weg, beides macht den Wettbewerb fairer“, sagte sie.

Des Guten zu viel

Doch auch der Bayerin ist das alles des Guten zu viel – auch im Hinblick auf die anderen Sportstätten, die aus dem Nichts entstanden sind, weil Peking als Wintersportort überhaupt keine Tradition besitzt. Riesige Hallen wurden hingestellt und unfassbare Mengen an Beton verbaut. Und so stellt sich Geisenberger die Frage, was aus den gigantischen Bauwerken werden soll, wenn die Winterspiele vorüber sind. „Ich frage mich, wie es mit der Bahn nach Olympia weitergeht, was das alles kostet und wie das in einem Verhältnis steht“, sagte die viermalige Olympiasiegerin. In seiner Agenda 2020+5 hat sich das Internationale Olympische Komitee (IOC) längst auf die Fahnen geschrieben, schon bei der Vergabe der Spiele nachhaltigere Lösungen zu finden. Peking passt da nicht ins Bild, Mailand und Cortina d’Ampezzo 2026 umso mehr.

Natalie Geisenberger hatte bereits vor wenigen Tagen große Probleme mit ihrer China-Reise – weil sie und ihre Teamkolleginnen Dajana Eitberger und Julia Taubitz in Quarantäne mussten. „Wir erfahren nicht mal den Grund, warum wir so behandelt werden und das alles über uns ergehen lassen müssen“, teilte die Bayerin mit und klagte in den sozialen Netzwerken: „Wir dürfen nur aus dem Zimmer, wenn Bahntraining ist, bekommen nicht wirklich vernünftiges Essen in Plastikbechern und Tüten vor die Tür gestellt, haben keine Möglichkeit, uns zu bewegen.“ Das deutsche Rodelteam war seit sieben Tagen regelmäßig negativ getestet worden und hatte keinen Kontakt zu positiv getesteten Personen gehabt – weshalb also die Quarantäne?

Der falsche Sitzplatz

Im Flugzeug, das sie von Frankfurt nach Peking brachte, soll Geisenberger zu nah an einer später positiv getesteten Person gesessen haben. So argumentierten jedenfalls die chinesischen Ordnungshüter. Dabei ist Geisenberger dort gar nicht gesessen. Auf den Plätzen seien ihrer Ansicht nach Koffer platziert worden, die im überfrachteten Laderaum keinen Platz mehr hatten. Das hinderte die Beamten nicht, sich an die Auflagen zu halten. Im Boarding-Ticket von Geisenberger war eben ein anderer Sitzplatz vermerkt.

Knallharte Corona-Vorschriften und eine neue Form des Gigantismus – die Rodler wissen schon, was alle anderen Athleten bald bei den Winterspielen in Peking erwartet.