Freilaufende Katzen müssen in Spiegelberg künftig mit einem Chip oder einer Tätowierung markiert werden. Foto: dpa/Franziska Gabbert

Spiegelberg erlässt eine Kastrationspflicht für Katzen. Grund dafür ist die stetig wachsende Zahl an Streunern. Ist das ein Einzelfall? Und wie wird die Verordnung umgesetzt?

In Spiegelberg müssen künftig alle frei laufenden Katzen kastriert sein. Das schreibt die Katzenschutzverordnung vor, der der Spiegelberger Gemeinderat kürzlich zugestimmt hat. Halter von Freigängerkatzen sind nun dazu verpflichtet, ihre Tiere mit einem Mikrochip oder einer Tätowierung kennzeichnen zu lassen. Außerdem müssen die Katzen in einem Haustierregister wie etwa Tasso oder Findefix eingetragen sein.

Zweck der Katzenschutzverordnung ist laut dem Landratsamt Rems-Murr, frei laufende Katzen in Gebieten zu schützen, in denen sie besonders häufig vorkommen und unter Krankheiten und Unterernährung leiden. „Verwilderte Katzen sind, wenn sie in großer Zahl auftreten, häufig krank – und scheiden dann in hohem Maße Krankheitserreger aus“, heißt es vom Landratsamt. Dies begünstige die Ausbreitung von Katzenkrankheiten und gefährde so auch die Gesundheit von frei laufenden Halterkatzen.

Kastrationspflicht für Katzen: Zu viele Streuner in Spiegelberg

Auch in Spiegelberg will man durch den Erlass die Population herrenloser, streunender Katzen reduzieren. Diese sei in letzter Zeit stark angewachsen, sagt der Spiegelberger Bürgermeister Max Schäfer. „In Vorderbüchelberg ist es ganz extrem und in einzelnen Bereichen von Spiegelberg auch.“ Die Initiative zur Katzenschutzverordnung sei aus dem Gemeinderat selbst gekommen, so der Ortsvorsteher.

Freilaufende Katzen müssen in Spiegelberg künftig mit einem Mikrochip ausgestattet sein. Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb/Ingo Wagner

Die Verordnung ermöglicht es der Gemeindeverwaltung, herrenlose Katzen einzusammeln und zu kastrieren, ohne gegebenenfalls rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Konkret betreffe dies Verwechslungen mit Tieren aus privater Hand, die nicht als solche erkannt wurden – weil sie etwa nicht gechippt oder tätowiert waren. „Das Problem verschärft sich dadurch, dass sich streunende Katzen auch mit Hauskatzen gut paaren können“, sagt Schäfer. Zwar gehe man im Moment nicht davon aus, dass es in Spiegelberg bereits viele Kreuzungen zwischen Haus- und Wildkatzen gebe. Aber man wolle jeglichen Eventualitäten vorbeugen.

Einführung nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich

Die Katzenschutzverordnung und damit auch das Recht, den unkontrollierten freien Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen zu beschränken oder zu verbieten, basiert nach Angaben des Landratsamtes auf einer Änderung des Tierschutzgesetzes aus dem Jahr 2013. Zunächst seien die Landesregierungen dazu ermächtigt worden – unter der Voraussetzung, dass mit den Maßnahmen Tierleid oder Schäden im Habitat vermieden werden können. Die Landesregierung in Baden-Württemberg habe diese Kompetenzen an die Städte und Gemeinden weitergegeben. Das bedeutet: Jede Kommune kann selbst entscheiden, ob sie eine entsprechende Verordnung erlässt.

 

Laut dem Landratsamt gibt es jedoch einige Voraussetzungen, die dafür erfüllt sein müssen. Die Kommune müsse etwa dokumentieren, dass tatsächlich eine Katzen- und Tierschutzproblematik in der Gemeinde besteht. Auch müsse nachgewiesen werden, dass bisherige Maßnahmen nicht ausreichend waren. Die Verordnung umsetzen – also die Tiere kontrollieren, einfangen, kennzeichnen, registrieren und kastrieren – dürfe die Gemeinde selbst. In der Regel würden Mitglieder von Tierschutzvereinen damit beauftragt.

Kastrationspflicht führte zu Diskussionen im Gemeinderat

Bis zur endgültigen Ab- und Zustimmung im Gremium habe es unter den Gemeinderäten mehrere ausgiebige Diskussionen gegeben, berichtet der Bürgermeister. „Viele empfinden das als einen großen Eingriff ins private Eigentum.“ Auch ihm selbst sei es so ergangen. Sinn der Verordnung sei aber nicht, ganze Haushalte zu kontrollieren oder großflächig Tiere einzufangen. „Die Verordnung besagt nicht, dass jeder Tierschutzverein jetzt einfach Katzen kassieren darf“, betont Schäfer. „Es geht vor allem darum, Rechtssicherheit zu schaffen.“

Kontrollieren werde die Verwaltung nur im begründeten Einzelfall, so der Ortsvorsteher. Beispielsweise, wenn jemand „Animal Hoarding“ betreibe, also krankhaft Tiere sammelt und diese unter ungenügenden Bedingungen hält.

Pflicht an Rems und Murr bisher selten

In folgenden Gemeinden im Rems-Murr-Kreis gilt die Kastrationspflicht für freilaufende Katzen:

  • Berglen
  • Winnenden
  • Spiegelberg

Deutschlandweit gibt es die Verordnung nach Angaben des Deutschen Tierschutzbunds in insgesamt rund 1500 Gemeinden und Städten. Die Organisation spricht sich auf ihrer Webseite ausdrücklich für einen Erlass der Katzenschutzverordnung in den Kommunen aus. „Die Einführung einer Kastrationspflicht für Freigängerkatzen ist wichtig, um die Zahl der Straßenkatzen in Deutschland zu reduzieren“, heißt es dort. Unkastrierte Freigängerkatzen könnten sich nämlich unkontrolliert fortpflanzen – und so dafür sorgen, dass die Population immer weiter steigt.

In den Spiegelberger Gemeinderat seien zwei Tierschutzaktivisten aus dem Ort gekommen, berichtet Max Schäfer. „Auch sie meinten, dass ihnen die Verordnung eine arge Hilfe wäre“, sagt er, „weil sie gerade selbst sehr mit dem Einfangen von streunenden Katzen beschäftigt sind.“