In den meisten Zeiten läuft es an der B-14-Ausfahrt Winnenden-West flüssig – zum Feierabend hin gibt es aber oft lange Staus. Foto: Frank Rodenhausen

Die B-14-Anschlussstelle Winnenden-West soll für viel Geld umgebaut werden. Bringt das endlich Entlastung – oder nur eine neue Baustelle im System?

Es ist eine Entscheidung mit Nachgeschmack – oder mit „Bauchweh“, wie der Rudersberger Bürgermeister und Freie-Wähler-Kreisrat Raimon Ahrens es nennt. Zwölf Stimmen dafür, elf dagegen, eine Enthaltung: So knapp fiel das Votum im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Rems-Murr-Kreistags aus.

Es geht um nicht weniger als den Einstieg in den millionenschweren Umbau der Anschlussstelle Winnenden-West an der Bundesstraße 14. Ampeln sollen die überforderten Kreisel ersetzen, eine zusätzliche Brücke den Verkehr entzerren. So zumindest der Plan, den das Regierungspräsidium Stuttgart (RP) schon vor drei Jahren vorgestellt hatte – damals noch vergeblich.

Jetzt also ein Ja – halbherzig, widerwillig, aber ein Ja.

Stau, Stress, Stillstand

Die Ausgangslage ist bekannt und bleibt misslich: Zwei Kreisverkehre, die den Feierabendverkehr nicht packen. Rückstaus bis auf die Bundesstraße, spontane Spurwechsel, brenzlige Bremsmanöver. „Kein Unfallschwerpunkt“, wie das RP selbst einräumt. Doch die Lage ist angespannt – besonders zwischen 16 und 18 Uhr, wenn sich der Verkehr aus Richtung Stuttgart über die Rampen quetscht, sich in Leutenbach staut oder über Schleichwege durch Schwaikheim zieht.

Die beiden Kreisverkehre hinter der Ausfahrt blockieren sich in Stoßzeiten gegenseitig. Foto: Gottfried Stoppel

Die Geschichte dieser Verkehrsader ist lang. Schon 2009 wurde die Ortsumfahrung eröffnet – eine Entlastung mit Schönheitsfehler: Die Anschlussstelle Winnenden-West war von Anfang an unterdimensioniert. Erst wurde die Ausfahrt verlängert, dann kam ein Tempolimit. Doch der Stau blieb – ein zäher, täglicher, verlässlicher.

Ein Projekt im Schatten der Verkehrswende

Was auf dem Papier nun als Lösung erscheint, wirkt in der Praxis wie ein verkehrspolitischer Spagat. Die Umwandlung der Kreisel im Anschluss der Ausfahrt in zwei signalgesteuerte Kreuzungen, der Neubau einer Brücke und der Umbau der Kreisstraße K1898 – all das soll laut RP mit vordringlicher Priorität umgesetzt werden. Die Vorzugsvariante „Z1“, entwickelt nach einer umfassenden Untersuchung, verspricht flüssigeren Verkehr und mehr Sicherheit. Aber: Auch ein verstetigter Autoverkehr bleibt Autoverkehr.

Und genau hier liegt der Streitpunkt. Kreisrätin Astrid Fleischer (Grüne) bringt ihn pointiert auf den Punkt: „Wir haben dort einen gut funktionierenden S-Bahn-Verkehr. Wer sich trotzdem für das Auto entscheidet, muss es auch mal in einem Zeitfenster von zwei Stunden Stau aushalten.“ Ihre Kritik trifft einen Nerv: Warum investieren, um das Auto attraktiver zu machen, wenn die Politik gleichzeitig das Klima retten will? Warum fließen Millionen in Asphalt, während Busse und Bahnen oft leer und verspätet sind?

Ein Nein – mit Nebenwirkungen

Doch einfach Nein sagen – das hätte Konsequenzen. Landrat Richard Sigel bringt sie ins Spiel: „Wenn wir hier nicht zustimmen, werden wir sicherlich aus der Priorität rausrutschen – die Kostenbeteiligung aber käme so oder so auf uns zu.“ Der Druck des Regierungspräsidiums wirkt: Der Umbau stehe ganz oben auf der Prioritätenliste, ließ Projektleiter Jochen Lohrmann durchblicken – und drohte zwischen den Zeilen mit einer Runterstufung, sollte der Kreis erneut blockieren.

Ein Joker, der zieht. Auch CDU und AfD signalisierten letztlich Zustimmung, nachdem Landrat Sigel die Sitzung strategisch unterbrechen gelassen hatte. Die Grünen und die SPD blieben skeptisch. Und mittendrin die Frage: Löst diese Maßnahme tatsächlich das Problem – oder verlagert sie es nur?

Millionen für eine Übergangslösung?

Denn auch das gehört zur Wahrheit: Der Umbau ist teuer. Die Kostenschätzung stammt aus dem Jahr 2022 und liegt für den Landkreis bei rund 1,2 Millionen Euro – Tendenz ungewiss. Insgesamt werden rund 8,4 Millionen Euro veranschlagt, verteilt auf Bund, Land und Kreis. Die Firma Kärcher, deren Zufahrt an die neue Anschlussstelle angrenzt, bleibt weitgehend außen vor: Die Zufahrt gilt als privat – entsprechend muss das Unternehmen nur für den eigenen Anschluss zahlen, nicht für das Gesamtprojekt.

Für viele im Kreistag ist das schwer vermittelbar. Auch weil die Planungen auf alten Zahlen basieren, die Entwicklung im Neubaugebiet „Untere Schray“ noch nicht abgeschlossen ist und der Zeitplan vage bleibt: Vor 2030 rollt hier kein Bagger. Bis dahin? Stau.

Verkehrswende – aber bitte ohne Störung?

Winnenden-West offenbart ein Dilemma exemplarisch: Wie geht eine Region mit wachsender Bevölkerung, wachsendem Pendleraufkommen und dem gleichzeitigen Anspruch auf Klimaneutralität um? Die Antwort bleibt ambivalent. Auf der einen Seite das Regierungspräsidium, das die alte Straße leistungsfähiger machen will. Auf der anderen Seite grüne Stimmen, die mehr Mut zur Mobilitätswende fordern. Und mittendrin ein Kreistagsausschuss, der zähneknirschend zustimmt – aus Angst, leer auszugehen und mit Rücksicht auf schleichweggeplagte Anrainerkommunen.

Die Beteiligung am Umbau der B-14-Ausfahrt ist beschlossen – mit Bauchweh. Ein Kompromiss, der den Verkehr flüssiger machen soll. Doch ob er auch richtungsweisend ist, bleibt offen. Bis 2030 ist noch viel Zeit – allerdings auch für neue Ideen, neue Mehrheiten, neue Prioritäten.