Der Einzelhandel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren musste auch im zweiten Corona-Jahr spürbare Einbußen hinnehmen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Trotz Corona-Einschränkungen hat der Einzelhandel ersten Schätzungen zufolge einen Rekordumsatz erwirtschaftet. Doch nicht alle Händler profitieren.

Wiesbaden - Die deutschen Einzelhändler haben 2021 trotz Corona-Beschränkungen und Lieferproblemen einen Rekordumsatz erwirtschaftet. Die Einnahmen lagen um 3,1 Prozent über dem bisherigen Rekordjahr 2020, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag auf Basis von Ergebnissen für die ersten elf Monate hochrechnete.

Preisbereinigt blieb davon ein Plus von 0,9 Prozent übrig. Allerdings lief es längst nicht in allen Branchen rund: So musste der Einzelhandel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren auch im zweiten Corona-Jahr spürbare Einbußen hinnehmen. Dagegen wuchs das schon vor Corona boomende Online-Geschäft erneut zweistellig.

„Bei den Händlern, die von den Geschäftsschließungen betroffen waren, sind über das Jahr gesehen noch immer Umsatzrückgänge von bis zu 30 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenniveau zu verkraften“, kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes HDE, Stefan Genth, die Entwicklung. „Das können viele Handelsunternehmen beispielsweise im stationären Bekleidungsbereich nicht alleine stemmen.“ Hier müsse die Bundesregierung bei den Hilfsgeldern nachsteuern.

Belastet wurden die Händler zuletzt von verschärften Corona-Regeln. Mit Ausnahme von Geschäften des täglichen Bedarfs wie Supermärkte und Drogerien durften in den vergangenen Wochen wegen der vierten Corona-Welle nur Geimpfte oder Genesene (2G) die Läden betreten. Zudem wird die Branche von Lieferproblemen geplagt: Ausgerechnet in der umsatzstarken Zeit vor Weihnachten klagten fast 82 Prozent der Einzelhändler, nicht alle Produkte anbieten zu können. Besonders elektronische Haushaltsgeräte und Unterhaltungselektronik waren knapp.

Kaufkraft von starker Teuerung geschmälert

Dennoch reichte es zu Beginn des Weihnachtsgeschäfts zu einem Umsatzwachstum: Im November nahmen die Einzelhändler real 0,6 Prozent mehr ein als im Vormonat. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang von 0,5 Prozent gerechnet. „Die heftige Corona-Welle und die hohe Inflationsrate haben Verbrauchern weniger aufs Gemüt geschlagen als gedacht“, sagte dazu der Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe, Alexander Krüger.

Die Kaufkraft der Verbraucher wurde im vergangenen Jahr von der starken Teuerung geschmälert: Im November legten die Preise mit 5,2 Prozent so stark zu wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. „Aufgrund neuer Corona-Beschränkungen wird die Lage vorerst angespannt bleiben“, sagte Krüger. „Der stationäre Einzelhandel spürt die trübe Konsumlaune bereits.“

Trotz Rabatt-Aktionen wie „Black Friday“ und „Cyber Monday“ kam der Internet- und Versandhandel im November auf ein reales Umsatzminus von 3,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Die Umsätze liegen in dieser Branche mit einem Plus von 30,3 Prozent aber weiterhin deutlich über dem Niveau vom Februar 2020, dem Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland. Der stationäre Einzelhandel habe unter 2G-Bedingungen Umsatzverluste in Milliardenhöhe hinnehmen müssen, sagte HDE-Experte Genth.