Robert Habeck, Armin Laschet, Annalena Baerbock und Markus Söder (von links) Foto: dpa/Michael Kappeler

„Schön ist es nicht“, kommentiert CDU-Chef Laschet lapidar die Durchstechereien, die der Union aktuell schaden. Bald soll klar sein, welche Parteien weiter über eine Regierungsbildung verhandeln.

Berlin - Jetzt hat jeder mal mit jedem geredet. Wie es weitergeht, bestimmen nun die Grünen und die FDP. „Dafür werden wir uns heute und morgen Zeit nehmen“, kündigte der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck am Dienstag zunächst weitere parteiinterne Beratungen an. Gemeinsam mit den Liberalen wollten sie dann entscheiden, „wie wir in den nächsten Tagen weiter vorgehen“, ergänzte die Co-Vorsitzende Annalena Baerbock. Spätestens am Donnerstag dürfte also klar sein, ob die beiden Parteien für weitere Verhandlungen über die Bildung einer Regierung die SPD oder die Union vorziehen.

Das Sondierungsteam der Grünen traf sich am Dienstag zweieinhalb Stunden mit den Vertretern von CDU und CSU. Die Runde bildete den Abschluss der bilateralen Gespräche unter den Parteien, die aktuell für die Bildung eines Regierungsbündnisses infrage kommen. Das Duo aus FDP und Grünen ist in der glücklichen Lage, sich zwischen dem Wahlsieger SPD und der zweitplatzierten Union entscheiden zu können.

Laschet wirbt für sich, Grüne halten Union auf Distanz

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder und CDU-Chef Armin Laschet nutzten den gemeinsamen Presseauftritt mit den Grünen, um für sich zu werben. Söder betonte neben manchen Meinungsverschiedenheiten die Punkte, in denen sich beide Seiten angenähert hätten – etwa in der Klimapolitik. „Ich fand das Gespräch insofern genauso oder noch spannender, weil es auch viel Denksport für alle Beteiligten ist, die Zukunft weiter zu entwickeln“, raspelte Söder Süßholz. „Es würde sich lohnen“ die Gespräche über ein Jamaikabündnis fortzuführen, zeigte auch Laschet sich überzeugt. „Aber das entscheiden natürlich FDP und Grüne.“

Die Grünen bestätigten Gemeinsamkeiten mit den Unionsparteien, hielten die beiden Verehrer aber auf Distanz. Das Treffen sei von der Ausgangslage geprägt gewesen, „dass die SPD in der Wahl vor der Union liegt“, machte Robert Habeck deutlich, dass die Grünen in CDU und CSU nur den zweiten Ansprechpartner sehen. Die Umweltpartei zieht ein Ampelbündnis einer Jamaikaregierung vor. Der Grünen-Chef relativierte zudem die Sympathiebekundungen der Gegenseite als „wenig überraschend“. Schließlich wollten die beiden Parteien mit FDP und Grünen regieren, sagte Habeck.

Für die Entscheidung spielen nicht nur inhaltliche Schnittmengen eine Rolle. Grünen-Chefin Annalena Baerbock hob hervor: „Zur Verantwortung gehört Verlässlichkeit und Vertrauen – in diesem Sinne haben wir in den letzten Tagen unsere Gespräche geführt.“ Man konnte das durchaus als Seitenhieb verstehen in Richtung der Union, die nach ihrer Wahlniederlage vom vorvergangenen Sonntag alles andere als einen geschlossenen Eindruck macht.

Indiskretionen bringen FDP-Politiker in Rage

Dabei geht es nicht nur um die Vielstimmigkeit, was die Zukunft des Wahlverlierers Armin Laschet anbelangt. Erst am Montag waren Details aus dem Sondierungsgespräch von Union und FDP an die Medien gelangt. Die „Bild“-Zeitung berichtete, dabei hätten die Liberalen betont, für ein Jamaikabündnis unter Führung Laschets bereit zu stehen.

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Dementiert wurden diese Angaben nicht. Die Indiskretionen brachten aber führende FDP-Politiker in Rage, weil eigentlich in allen Sondierungen strikte Vertraulichkeit vereinbart worden ist. Der Verdacht der Durchstechereien fiel umgehend auf CDU und CSU. Seit geraumer Zeit versorgen unbekannte Unionspolitiker ausgewählte Medien regelmäßig mit Echtzeitinformationen aus Fraktionssitzungen und Konferenzen der Ministerpräsidenten, so dass auf einigen Internetseiten regelrechte Liveticker aus vertraulichen Sitzungen zu lesen sind.

Grüne irritiert über Veröffentlichung vertraulicher Inhalte

Auch die Grünen zeigten sich am Dienstag angesichts der jüngsten Veröffentlichungen irritiert. Sie befürchteten, dass die Inhalte ihrer Gespräche ebenfalls den Weg in die Öffentlichkeit finden würden. Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner sagte kurz vor dem Treffen mit CDU und CSU, er mache sich Sorgen, ob alles geheim bleibe. Cem Özdemir erklärte, der Umstand, dass aus dem Treffen von Union und FDP Ergebnisse durchgesickert seien, sei ein Zeichen „für interne Führungsprobleme“. Laschet kommentierte die Durchstechereien mit dem lapidaren Satz: „Schön ist es nicht.“ Am Ende wurden die Befürchtungen der Grünen wahr: Kurz vor 18 Uhr sickerten angebliche Details aus den Gesprächen durch. „Bild“ berichtete, die Grünen hätten zum Ausdruck gebracht, das Ende des Verbrenners vor 2035 und eine offenere Migrationspolitik zu wollen.