Die Union und die SPD wollen die Schuldenbremse umgehen, um mehr in die Infrastruktur, Bildung und Gesundheit zu investieren. Dieser Schritt ist unverzichtbar, kommentiert Redakteur Emanuel Hege. Im Speckgürtel von Stuttgart zeigt sich, warum.
Kaum eine Kommune im Kreis Ludwigsburg kann derzeit einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Überall rote Zahlen. Besonders drastisch ist die Lage in Ludwigsburg, wo die Schulden bis 2028 auf 194 Millionen Euro anwachsen könnten.
Die Tragweite sowie die unmittelbaren Auswirkungen der kommunalen Geldnöte scheinen den Bürgerinnen und Bürgern jedoch noch nicht wirklich bewusst zu sein. Während der Bundestagswahl bestimmten Migration und Wirtschaft die Debatten – Themen wie marode Schulen, ein überlastetes Gesundheitssystem oder explodierende Mieten rückten in den Hintergrund.
Keine Schulden sind auch keine Lösung
Nachdem sich der Wahlkampfstaub gelegt hat, erkennen immerhin Union und SPD den Handlungsdruck. Mitte März wollen sie den Bundestag über eine Reform der Schuldenbremse abstimmen lassen. Neben massiven Investitionen in die Bundeswehr sollen Milliarden in Infrastruktur, Bildung und Gesundheit fließen – Geld, das auch den Kommunen zugutekommen würde.
Natürlich bedeutet das neue Schulden, mit denen die jüngere Generation klarkommen müsste. Keine Kredite sind aber auch keine Lösung. Ohne Investitionen steht die nächste Generation vor einem Scherbenhaufen: bröckelnde Brücken, schlechter ÖPNV, digitale Rückständigkeit und marode öffentliche Einrichtungen. Schulden oder ein gescheiterter Staat – Sie haben die Wahl. Beispiele aus dem Landkreis veranschaulichen, wie wichtig die Schulden – die 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur – sind.
Neues Krankenhaus nun möglich?
Sporthallen sind Mangelware im Landkreis Ludwigsburg. Viele Kommunen haben nicht genug Hallen für Schulen und Vereine, zudem sind die bestehenden Gebäude oft mehr als 50 Jahre alt. Bürgermeister würden gerne sanieren oder neu bauen – doch das Geld fehlt. Städte wie Ludwigsburg, Asperg oder Freiberg stemmen Neubauprojekte, aber selbst mit den neuen Flächen sind die Kapazitäten auf Kante genäht. Ähnliches gilt natürlich auch für Schulen.
Ein weiteres Beispiel: die Kliniken. Vor einem Jahr brachten der ehemalige Krankenhaus-Geschäftsführer Jörg Martin und Landrat Dietmar Allgaier ein neues, zentrales Krankenhaus ins Gespräch – zu Recht. Immer wieder müssen die alten Häuser in Ludwigsburg und Bietigheim renoviert werden, um den Betrieb irgendwie aufrecht zu erhalten. Die Kliniken sind nicht mehr zeitgemäß, weder für die Gesundheitsversorgung, noch für die Mitarbeiter. Es besteht dringend Handlungsbedarf.
Und dann ist da noch das Wohnen: Kommunen und ihre Wohnbaugesellschaften haben derzeit kaum finanzielle Spielräume, um Wohnungen zu bauen oder zu kaufen. Mit einer gelockerten Schuldenbremse könnte mehr Wohnraum in die öffentliche Hand übergehen, um langfristig bezahlbare Mieten und soziale Gerechtigkeit zu sichern.
Die Reform der Schuldenbremse könnte also nicht nur die Bundeswehr stärken und die Wirtschaft ankurbeln – sie hätte das Potenzial, das Leben vor der eigenen Haustür zu verbessern. Wer nur in die Schuldenbremse tritt, riskiert Stillstand in unseren Städten und Gemeinden.