Betreuung in einem Pflegeheim Foto: dpa/Christoph Schmidt

Gesundheitsminister Karl Lauterbach knöpft sich die Pflegeversicherung vor: Sein „Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz“ soll die häusliche Pflege stärken und Pflegebedürftige sowie deren Angehörige entlasten. Gleichzeitig steigen die Beiträge.

Es wird teurer, aber nicht überall besser: An diesem Freitag verabschiedet der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen die Pflegereform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach . So sieht die Reform im Einzelnen aus:

Höhere Beiträge

Ab Juli 2023 steigt der Beitrag der Arbeitnehmer zur Pflegeversicherung um 0,35 Prozentpunkte. Damit erhöhen sich die Einnahmen der Versicherung um 6,6 Milliarden Euro im Jahr. Wie vom Bundesverfassungsgericht angeordnet, unterscheidet der Beitrag künftig stärker danach, wie viele Kinder jemand hat. Kinderlose zahlen einen Beitrag von 2,3 Prozent. Dieser Wert sinkt mit der Kinderzahl. Hat jemand zum Beispiel zwei Kinder, macht der Beitrag 1,45 Prozent aus. Die Arbeitgeber zahlen jeweils einen Beitrag von 1,7 Prozent.

Höhere Leistungen

Für Pflegebedürftige, die zu Hause leben, ist das Pflegegeld eine wichtige Leistung der Versicherung. Dessen Höhe hängt davon ab, wie viel Pflege jemand braucht – in welchen Pflegegrad er oder sie also eingestuft worden ist. Beim höchsten Pflegegrad 5 zum Beispiel beträgt es 901 Euro im Monat. Über alle Grade hinweg wird das Pflegegeld ab Januar 2024 nochmals um fünf Prozent erhöht. Zuletzt hatte es dort 2017 eine Erhöhung gegeben. Nach 2025, so die Zusage der Ampel, soll das Pflegegeld weiter steigen. Zum 1. Januar 2025 ist ein Plus bei allen Leistungen der Pflegeversicherung von 4,5 Prozent vorgesehen. Für das Jahr 2028 stellt die Ampel eine Anhebung „in Höhe der Kerninflation der vergangenen drei Jahre“ in Aussicht.

Eigenbeteiligungen in Heimen

Lebt jemand in einer Pflegeeinrichtung, fallen hohe Eigenanteile an – so für die eigentliche Pflege selbst oder für die Unterkunft und die Verpflegung. In Summe ergibt sich nach Angaben des Verbands der Ersatzkrankenkassen im Bundesschnitt so eine Eigenbeteiligung von 2468 Euro im Monat (Stand: Januar 2023). Kann jemand diesen Betrag nicht aus eigenen Mitteln wie der Rente aufbringen, springt auf Antrag das Sozialamt ein. Die Große Koalition hatte beschlossen, dass die Pflegekassen Zuschüsse zu dem Eigenanteil bezahlen, der auf die eigentliche Pflege entfällt. Er liegt im Bundesschnitt bei 1139 Euro, Baden-Württemberg liegt dabei mit durchschnittlich 1446 Euro im Monat bundesweit an der Spitze.

Je länger jemand im Heim lebt, umso höher ist die finanzielle Hilfe der Kasse. Bei einem Aufenthalt von mehr als 36 Monaten macht der Zuschuss 70 Prozent aus, sprich: die Eigenbeteiligung sinkt von 1139 auf 342 Euro. Die Pflegereform der Ampel erhöht die Zuschüsse der Kassen. Für einen Aufenthalt von mehr als 36 Monaten zum Beispiel macht der Zuschuss 75 statt 70 Prozent aus, sodass die Bewohner weniger aus eigener Tasche (oder mit Hilfe des Sozialamts) bezahlen müssen.

Pflegeunterstützungsgeld

Was passiert, wenn jemand kurzfristig die Pflege eines Angehörigen organisieren muss? Dann können sich Arbeitnehmer für zehn Tage unbezahlt freistellen lassen. Das Unterstützungsgeld dient in dieser Zeit als Ersatz für ihren Lohn oder ihr Gehalt. Bisher gab es das nur einmalig – künftig kann man es einmal je Jahr in Anspruch nehmen.

Entlastungsbudget

Ab Juli 2025 können Pflegebedürftige im Umfang von knapp 3600 Euro Leistungen der Kurzzeit- und der Verhinderungspflege flexibel kombinieren (Entlastungsbudget). Verhinderungspflege ist für folgende Situationen möglich: Macht ein pflegender Angehöriger Urlaub oder ist er erkrankt, übernimmt die Pflegekasse die Kosten der Person, die dann bei der Pflege einspringt. Kurzzeitpflege kann in Anspruch genommen werden, wenn die häusliche Pflege nicht erbracht werden kann und die pflegebedürftige Person deshalb für eine begrenzte Zeit Kurzzeitpflege in einem Heim braucht.

Pflegekräfte

Um das berufliche Umfeld von Pflegekräften zu verbessern, soll erforscht werden, welche Potenziale die Digitalisierung dafür bietet. Das soll ein „Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege“ ausloten. Im Jahr 2022 haben nach Angaben des Statistischen Bundesamts 52.300 Auszubildende eine Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann aufgenommen. Das war ein Rückgang von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Im Sommer wollen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gemeinsam nach Brasilien reisen, um dort Pflegekräfte für Deutschland zu gewinnen. Die Bundesagentur für Arbeit hat im vergangenen Jahr 656 ausländische Pflegekräfte in die Bundesrepublik vermittelt.