Das Parlament in Ungarn stimmt für mehrere Anti-Korruptionsgesetze. Doch viele EU-Parlamentarier glauben nicht, dass sich das Land nun wieder in Richtung Demokratie bewegt. Foto: AFP/ATTILA KISBENEDEK

Ungarn verabschiedet mehrere Anti-Korruptionsgesetze, stößt im EU-Parlament damit aber auf größte Skepsis.

Ungarn versucht in letzter Minute die drohende Kürzung von milliardenschweren EU-Hilfen abzuwenden. Das Parlament in Budapest hat dazu mehrere Gesetze verabschiedet, mit denen die Korruption eingedämmt und mehr Transparenz bei der Verwendung von Subventionen hergestellt werden soll. Die Änderungen seien mit großen Mehrheiten gebilligt worden, teilte das Parlament in Budapest auf seiner Website mit.

Brüssel kann Milliarden kürzen

Ungarn reagiert damit auf massiven Druck aus Brüssel. Nach jahrelangen Vorwürfen wegen des mutmaßlichen Missbrauchs von EU-Geldern und Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit hatte die EU-Kommission in diesen Wochen vorgeschlagen, Ungarn Zahlungen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zu kürzen. Zusätzlich werden die von Budapest beantragten Mittel aus dem Corona-Hilfsfonds in Höhe von rund 5,8 Milliarden Euro zurückgehalten. Bereits im April hatte die Kommission den sogenannten Rechtsstaats-Mechanismus gegen Ungarn aktiviert, der die Mittelkürzungen erlaubt.

Im September sprach das Europaparlament dann Ungarn ab, noch eine „vollwertige Demokratie“ zu sein. Neben grassierender Korruption wirft die EU dem Land gravierende Defizite bei den Grundrechten vor. Die Kommission hatte der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán bis Mitte November Zeit gegeben, um die Missstände abzustellen und damit ungeschoren aus dem Rechtsstaatsverfahren auszusteigen.

Die EU-Politiker sind sehr skeptisch

Viele Europaparlamentarier halten die nun beschlossenen Gesetzesänderungen allerdings für blanke Augenwischerei, weshalb sich die Abgeordneten im Plenum in Straßburg auch am Dienstag mit dem Thema befassten. „Das Korruptionsproblem Ungarns liegt nicht am Mangel an Gesetzen in Ungarn, sondern am mangelnden Willen, die Korruptionsgesetze durchzusetzen“, kritisierte Moritz Körner vor der Sitzung. Der FDP-Politiker fordert: „Erst wenn Ungarn nachgewiesen hat, dass Korruption in der Praxis verfolgt wird, darf der Rat die EU-Mittel an Ungarn freigeben.“

Auch der grüne Europaabgeordnete Daniel Freund hält die Ankündigungen aus Ungarn für einen großen Bluff des Premierministers. „Viktor Orbán macht Vorschläge, die ihm weiterhin EU-Gelder sichern, ohne die systematische Korruption seiner Freunde und Familie wirklich zu beenden“, so der Politiker. Kritik kommt von ihm auch an der Kommission. „Die Bedingungen der EU-Kommission sind viel zu schwach“, sagte er am Dienstag in Straßburg. Die Kommission müsse viel entschiedener handeln, damit sich Ungarn wieder in Richtung Demokratie bewege.

Ungarn braucht das Geld aus Brüssel

Die jetzt vom ungarischen Parlament verabschiedeten Änderungen sehen unter anderem vor, dass die Bürger vor Gericht klagen können, wenn sie meinen, dass die Staatsanwaltschaft willkürlich Ermittlungen wegen Korruption eingestellt hat. Zudem soll ein Amt für Integrität eingerichtet werden, das den Missbrauch von EU-Förderungen aufdecken und unterbinden soll.

Nach Ansicht der Europaparlamentarier hat Ungarn nun die Gesetze beschlossen, weil die Regierung angesichts massiver Probleme in der Wirtschaft dringend auf das Geld aus Brüssel angewiesen ist. Das Land leidet unter hoher Inflation und einer Währungsschwäche.