Politiker und Polizeigewerkschaft haben Teilnehmer und Stadt für die Corona-Demos in Stuttgart scharf kritisiert. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Politiker reagieren entsetzt auf die Corona-Demos in Stuttgart: Manfred Lucha spricht von einem „Schlag ins Gesicht“ all jener, die sich an die Regeln halten. Heiko Maas kündigt Konsequenzen nach Angriffen auf Journalisten an.

Stuttgart - Nach den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung und der Bundesländer haben Politiker und Gewerkschaften das Verhalten der Demo-Teilnehmer scharf kritisiert. „Alle haben das Recht, zu demonstrieren“, teilte Bundesaußenminister Heiko Maas am Samstag auf Twitter mit. Wenn aber „Tausende ohne Maske und Abstand unterwegs sind, verstößt das gegen jede Regel und erst Recht gegen jede Vernunft“. Wer dabei mitmache, gefährde nicht nur seine eigene Gesundheit, sondern auch die von anderen.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft machte dafür auch die Stadt Stuttgart verantwortlich. „Das versteht keiner – auch wir nicht. Während in anderen Teilen des Landes die Versammlungsbehörden und die Polizei hart und konsequent reagieren und agieren, scheint es so, dass in Stuttgart alles möglich ist“, sagte Ralf Kusterer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft am Sonntag. Wenn sich durch die Ereignisse die Infektionszahlen erhöhten, schade das der gesamten Bevölkerung.

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Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) will alles dafür tun, dass sich Demonstrationen wie am Samstag in Stuttgart mit Tausenden ohne Maske und Abstand nicht wiederholen. „Das, was gestern passiert ist, ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich an die Pandemieregeln halten.

Es ist eine gesamtgesellschaftliche Gefährdung und dazu geeignet, die dritte Corona-Welle zu befördern“, sagte Lucha am Sonntag der dpa in Stuttgart. Den Demonstranten sei es nicht um Freiheitsrechte gegangen, sondern darum die demokratische Grundordnung zu stören. In der kommenden Woche werde es Gespräche mit der Stadt geben. „Wir werden die Situation analysieren“, kündigte Lucha an.

Die Stadt Stuttgart verteidigt ihre Strategie. „Ich glaube, wir haben das Beste daraus gemacht“, sagte Ordnungsbürgermeister Clemens Maier der dpa am Sonntag. „Wenn die Polizei die Versammlung auf Geheiß der Versammlungsbehörde aufgelöst hätte, hätte sie versuchen müssen, 15.000 Menschen nach Hause zu schicken.“ Diese wären aber nicht freiwillig gegangen. Die Polizei hätte massiv Gewalt einsetzen müssen. All das sei durchgespielt worden in Gesprächen mit der Polizei. „Wir können die Stadt nicht abriegeln.“

Kritik nach Angriffen auf Journalisten

SPD-Politiker Heiko Maas kündigte zudem an, dass es Konsequenzen geben werde nach den Angriffen auf Journalisten, die über die Demo am Samstag berichtet hatten. „Die Beleidigungen und Übergriffe auf Journalist*innen haben mit Demonstrationsfreiheit rein gar nichts zu tun“, schreibt Maas. „Das sind Angriffe auf Pressefreiheit.“ Sie müssten verfolgt und geahndet werden.

Am Rande des Demonstrationszuges war unter anderem der freie Journalist David Peters geohrfeigt worden. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagte Peters: „Ich hab ihn dann gebeten, Abstand zu halten. Da hat er nach mir geschlagen.“ Später habe Peters den Mann in der Menge wiedererkannt und die Polizei verständigt, die daraufhin die Personalien des mutmaßlichen Angreifers aufnahm. Außerdem war ein ARD-Journalist bei einer Live-Schalte vom Cannstatter Wasen offenbar mit Steinen beworfen worden. Die Übertragung musste daraufhin abgebrochen werden.

Bei den Protesten in Stuttgart hatten nach Angaben der Stadt etwa 15.000 Menschen an der „Querdenken“-Kundgebung gegen die Corona-Politik teilgenommen. Die meisten hätten keine Masken über Mund und Nase getragen sowie Abstände nicht eingehalten, bestätigte ein Polizeisprecher am Samstagabend.