Nach einer Drogenkontrolle beginnt im Juni die Randale in der City. Foto:  

Ein mutmaßlicher Drogenhändler wird am Abend vor der Krawallnacht in Stuttgart kontrolliert. Im Prozess stellt sich heraus, dass es nicht die Kontrolle war, aufgrund der die Stimmung kippte.

Stuttgart - Mit der Verfolgungsjagd eines 17-Jährigen hat alles seinen Anfang genommen: In der Krawallnacht vom 20./21. Juni begannen die Ausschreitungen, als die Polizei einen jungen Mann festnehmen wollte. Er soll Drogen dabei gehabt und wohl auch damit gehandelt haben. Am Dienstag hatte es zunächst so ausgesehen, als ob dieser Fall das erste Verfahren am Stuttgarter Amtsgericht sein würde, in dem es um die Randale vom Juni geht. Doch dem war nicht so. .

Ein alltäglicher Fall

Bei der Kontrolle habe es sich laut der Polizei um einen „ganz alltäglichen Fall“ gehandelt, und deswegen geschahen auch am Abend des 20. Juni mehrere solche Kontrollen. Durch eine falsche Notiz in den Akten war man am Amtsgericht davon ausgegangen, es sei die entscheidende Kontrolle gewesen. „Alles deutete darauf hin“, sagt eine Gerichtssprecherin. Doch im Gerichtssaal sei dann sehr schnell deutlich geworden, dass es ein anderer Fall war. „Das war aufgrund der Aktenlage nicht ersichtlich“, so die Sprecherin.

Polizeikontrolle vor den Krawallen

Die Polizei sah den Jugendlichen am Eckensee, er stand bei einer Gruppe. Er habe sich „auffällig verhalten“, deswegen sollte er kontrolliert werden. Der 17-Jährige rannte weg. Die Polizei konnte ihn aber schon auf der gegenüberliegenden Seite des Schlossplatzes, an der Bolzstraße, stoppen. Unterwegs hatte er etwas weggeworfen, die Polizei fand einen kleinen Plastikbeutel mit Cannabis. Bei seiner Festnahme fingen die jungen Leute, bei denen der 17-Jährige zuvor gestanden hatte, an, die Polizei zu beleidigen und zu attackieren. Die Situation schaukelte sich auf, und es kam zu den Ausschreitungen, weil sich immer mehr Personen der gruppe anschlossen.

Wegen der Festnahme beginnt die Randale

Schließlich stellten sich insgesamt rund 500 Personen gegen die Polizei. Sie demolierten 25 Streifenwagen. Einige zogen später durch die Innenstadt, schlugen Schaufenster ein, plünderten Läden. Der Sachschaden wird auf 460 000 Euro geschätzt.

Der junge Mann bleibt auf freiem Fuß

Inzwischen hat die Soko Eckensee mehr als 90 Tatverdächtige ermittelt, die beteiligt gewesen sein sollen. Es handelt sich überwiegend um junge Männer im Alter von 13 bis 33 Jahren. Der 17-Jährige kam damals nach der Anzeigenaufnahme auf dem Polizeirevier wieder auf freien Fuß – für die Polizei ein Routinefall, in jener Nacht mit ungeahnten Folgen.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, bei dem Fall handele es sich um die Drogenkontrolle, nach der die Krawalle ausbrachen. Das war zum Zeitpunkt des Verfassens der Kenntnisstand, den das Amtsgericht inzwischen widerrufen hat. Wir haben den Text entsprechend aktualisiert.