Um 15.35 Uhr öffneten sich die Eingänge für die vielen Rammstein-Fans . Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Zwei Jahre lang haben die Fans auf Rammstein gewartet. Zu einem spektakulären Konzert rücken Tausende bereits Stunden früher an. Ein Stimmungsbericht vom Cannstatter Wasen kurz vor Konzertbeginn. Die Masse jubelt vorm ersten Bühnenknall.

Die Farbe des Sommers ist Schwarz. Diesen Eindruck gewinnt, wer sich am Freitag auf dem Wasen umschaut. Wer ein Fan von Rammstein ist, trägt ein schwarzes Shirt. Und wer ein besonders glühender Fan der härtesten Band Deutschlands ist, kommt viele Stunden vor Konzertbeginn, um sich auf das große Ereignis in der Masse gemeinsam einzustimmen. Die ersten sind um 11 Uhr angerückt. Gleich zum Start des neuen Biergartens auf dem Festgelände, von den Volksfestwirten Klaus und Klaus betrieben, bilden sich schwarze Schlangen am Ausschank (die Maß für stolze zwölf Euro) – die sind viel länger als vor den Containern der „Troubleshooter“, bei denen die alten, nicht mehr gültigen Karten umgetauscht werden. Die Probleme können, bitte schön, noch etwas warten.

Als seien die Kings of Trucks zum Jahrestreffen angereist

Wer sich über die König-Karls-Brücke der Festivalarena nähert, sieht einen gigantischen Parkplatz von überwiegenden dunklen, ja schwarzen Diesel-Kolossen. Es scheint, als seien die Kings of Trucks zum Jahrestreffen angereist. Etwa 30 superlange Lastwagen und neun Nightliner bleiben auf dem unteren Teil des Wasens stehen, bis Rammstein, die wohl heißesten Feuerwerker des Landes, nach zwei Stuttgart-Konzerten am Sonntag weiterziehen ins Hamburger Volksparkstadion. Vor den Trucks sitzen breitschultrige Männer auf Hockern und entspannen sich kurz vor Konzertbeginn. Was haben die gemacht, als die Pandemie zwei Jahre lang alles gestoppt hat? Dass es nun endlich losgeht, ist für Fans und Musiker superschön – aber auch sehr viele Arbeitsplätze hängen an dieser „Materialschlacht“, bei der alles „größer, schöner, härter“ ist.

Häufigstes Problem: vielen denken, die Karten auf dem Handy genügen

Als 100. 000 Fans vor drei Jahren ihre Karten für beide binnen weniger Tage ausverkauften Rammstein-Konzerte in der Mercedes-Benz-Arena gekauft haben, war die Welt eine andere. Doch nicht allein an Corona liegt es, dass nichts mehr ist, wie es war. Das Stadion wird für die Fußball-EM umgebaut, die Veranstalter haben daher ein Ersatzstadion mit fünf Tribünen auf dem Wasen gebaut. Weil die Anordnung auf der neuen Spielstätte nichts mehr mit der zunächst geplanten Verteilung von Steh- und Sitzplätzen zu tun hat, gelten die alten Karten nicht mehr. YouTube

18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kartenfirma Eventim sitzen seit 12 Uhr in Containern und sind überrascht, dass zunächst weniger los ist als befürchtet. Dies ändert sich, als um Punkt 15.35 Uhr die Eingänge unter lauten Freudengesängen der seit Stunden wartenden Fans, die nach vorne im Innenraum rennen wollen, geöffnet werden. Immer wieder erkennen die Ordner beim Scannen und Vergleichen mit Ausweis oder Führerschein, dass was nicht stimmt. Das häufigste Problem: Viele glauben, dass es reicht, wenn sie ihre per Mail zugeschickten Karten auf dem Handy vorzeigen – ausgedruckt müssen die sein! Manch einer wird zu den Troubleshootern geschickt. Alle Karten sind personalisiert, um den Schwarzmarkt einzudämmen.

„Ein jeder kennt den perfekten Moment“

Wenn ein Käufer vor drei Jahren den Namen der damaligen Freundin angegeben hat, hat er ein Problem, wenn er jetzt mit der neuen Liebe kommt. Die Eingänge sind aber so gut organisiert, dass es meist reibungslos und schnell klappt. „Ein jeder kennt den perfekten Moment“, werden Rammstein später singen und im Lied „Zeit“ diese bitten, stehen zu bleiben. Kostbare Momente erleben viele Menschen in Schwarz auf dem Wasen. Nach der langen Coronapause scheint alles noch viel größer, schöner, härter zu sein.