Essen verbindet: Der Marbacher Ercüment Coskun hat ein gemeinsames, interkulturelles Fastenbrechen zum Ramadan auf die Beine gestellt. Etwa 150 Menschen kamen zusammen.
Blätterteigröllchen mit Feta, gebratene Auberginen und Paprika, Köfte und Kartoffeln, Rindfleisch mit Kichererbsen, Karottensalat mit Walnüssen, Baklava, Milchreis, Süßigkeiten... Es ist ein Buffet wie Tausend und eine Nacht. Die Besucher im Gemeindesaal der katholischen Kirche Marbach stehen Schlange, machen große Augen und greifen zu. Es ist der erste Tag Ramadans, des Fastenmonats der Muslime. Um die 150 Menschen sind zum gemeinsamen Fastenbrechen gekommen.
Ercüment Coskun beobachtet den fröhlichen Sturm aufs Buffet mit einem Lächeln im Gesicht. Der 47-Jährige ist der Initiator des Abends. Aus der ursprünglichen Idee, seine Nachbarn zum Essen einzuladen, ist ein bisschen was Größeres geworden. Ercüment Coskun, gebürtig und aufgewachsen in der Nähe von Frankfurt, lebt seit 2021 in Marbach. In der Nachbarschaft fühlte er sich von Anfang an wohl. Man grüßte sich fröhlich und tauschte immer wieder nette Worte aus.
Fastenbrechen mit den Nachbarn feiern
„Das wollte ich etwas vertiefen“, sagt er. Weil es im Islam Brauch ist, während des Ramadan Familie, Freunde und/oder Nachbarn zum Fastenbrechen einzuladen, kam er auf den Gedanken, einen solchen Abend mit seinen Marbacher Nachbarn zu feiern. Die Sackgasse, in der er wohnt, hätte sich dazu gut geeignet. Aber da der Ramadan gerade in die Wintermonate fällt, wäre es draußen zu kalt geworden.
Also fragte Ercüment Coskun einfach mal im Marbacher Rathaus nach – und stieß auf offene Ohren. Das Begegnungszentrum Treff Q in der Marbacher Fußgängerzone wurde 2024 zum Ort für ein gemeinsames Fastenbrechen, das offen für alle Bürgerinnen und Bürger war. Fast 50 Menschen kamen. Es wurde zusammen gesessen, gegessen, sich ausgetauscht. „Daraus sind tolle Freundschaften und Kontakte entstanden“, sagt Ercüment Coskun.
Dieses Jahr sollte das Ganze noch größer werden. Dafür stellte die katholische Kirchengemeinde ihren Saal zur Verfügung. Dort geht es am Samstagabend gesellig zu. An den Tischen sitzen bunt zusammengewürfelte Gruppen, lernen sich kennen und unterhalten sich. Ercüment Coskun ist happy. So hat er sich das vorgestellt.
Doch was treibt ihn an, so ein Event auf die Beine zu stellen? Sich und den Helfern eine Menge Arbeit zu machen, um fremde Menschen zusammenzubringen und zu verköstigen? „Wir haben nur einen Planeten und müssen miteinander klar kommen“, sagt der Marbacher mit türkischen Wurzeln. Er will Vorurteile abbauen. Da hilft „zusammensitzen und miteinander sprechen“.
Ercüment Coskun ist gläubiger Muslim. Was ihm immer wieder auffiel: Fragen zur Kultur oder zur Religion stellt man nicht mal eben im Vorbeigehen oder beim kurzen Plausch am Gartenzaun. Es braucht dazu ein gutes Umfeld.
Und genau dieses Umfeld will er bieten. Eines, in dem sich die Menschen trauen, ihre Fragen loszuwerden. Fragen über den Islam, das Christentum, die deutsche und die türkische Kultur oder die anderer Länder. Sich für den anderen zu interessieren: „Nur so kann man Vorurteile abbauen.“
„Der Mensch“, sagt Ercüment Coskun, „hat bekanntlich am meisten Angst vor Dingen, die er nicht kennt.“ Aber je besser man seine Nachbarn kenne, desto weniger können Menschen beeinflusst werden. „Wenn ein Mensch keinen Kontakt hat, und Dinge hört, wie sie etwa die AfD sagt, dann entstehen Fragezeichen im Kopf. Vorurteile“, sagt der 47-Jährige. Gemeinsam essen, sprechen und sich kennenlernen sei also gerade wichtiger denn je.
Viele, viele Helfer haben sich engagiert
So wie am Samstag. Viele helfende Hände hatten alles vorbereitet, hergerichtet und zwei riesige Buffets gezaubert. Wie viele Damen da gekocht und gebacken haben? Ercüment Coskun zuckt mit den Schultern. „Ich weiß es nicht“, sagt er lachend. Bei den Türken laufe es so, dass man einige um Mithilfe frage und die dann jeweils weitere Leute fragten, die ebenfalls helfen. So war es kein Problem, ein Essen für 150 Menschen auf die Beine zu stellen.
„Schade, dass das nicht jede Woche ist“, seufzt eines der Kinder an einem der Tische nach dem letzten Löffel Milchreis. Aber zumindest beim nächsten Ramadan wieder. Und für die Zeit dazwischen hat Ercüment Coskun schon einige Ideen. Gemeinsam kochen und essen zum Beispiel – um einfach immer mehr Menschen immer besser kennenzulernen.