Der große Zapfenstreich für die Altkanzlerin Angela Merkel hat eine unschöne Reaktion einer Rentnerin aus dem Rems-Murr-Kreis ausgelöst. Foto: dpa/Hannibal Hanschke

Eine 69-Jährige muss sich vor dem Amtsgericht Schorndorf verantworten. Die Rentnerin hatte auf Facebook einen Bericht über Angela Merkel mit einem Sensenmann-Bild kommentiert.

Ein ungebührlicher Kommentar auf Facebook hat eine Rentnerin aus Urbach im Remstal unversehens vor Gericht gebracht. Die 69-Jährige hatte Ende vergangenen Jahres einen Bericht der „Bild“-Zeitung zum Großen Zapfenstreich für die scheidende Kanzlerin Angela Merkel auf der Internetplattform nicht nur mit dem Kommentar „Weg mit der“ versehen. Sie „schmückte“ ihre Worte auch noch mit einem Sticker, der einen Sensenmann zeigte. Das hat ihr einen Strafbefehl über 2000 Euro eingehandelt. Das Vergehen im Juristendeutsch: „Belohnung oder Billigung von Straftaten“.

Ihr Einspruch dagegen ist jetzt in einem Prozess vor dem Schorndorfer Amtsgericht verhandelt worden. Dort räumte die bisher völlig unbescholtene Frau zwar ein, in der mehr als 8000 Abonnenten umfassenden Gruppe „Wir für Deutschland, aber normal“ ihren Unmut über die Politik der Altkanzlerin, mit der sie „nicht immer einverstanden“ gewesen sei, auf diese Weise kundgetan zu haben. Aber keinesfalls habe sie damit einen Aufruf zu deren gewaltsamem Ableben starten wollen, wie es der Staatsanwalt in seiner Anklage formuliert hatte.

Kein Aufruf zum gewaltsamen Ableben

Sie habe sich auf dem sozialen Medium damals erst seit höchstens einem Jahr getummelt und dies auch nur, „weil da so schöne Sprüchle drin sind“, sagte die Rentnerin – keinesfalls aber etwa, um gegen irgendjemanden zu hetzen. Über den Post zu Angela Merkel habe sie nicht nachgedacht, beteuerte die Frau, „ich habe ihr keinen Schaden zufügen wollen – aber so etwas wird mir auch nie mehr passieren“. Die Richterin Petra Freier hielt dagegen: „Wie soll man den Text in Kombination mit dem Sensenmann anders auslegen, als dass Sie der Betroffenen den Tod wünschen oder dies zumindest billigend in Kauf nehmen würden?“ Im Übrigen schütze Unwissenheit bekanntlich vor Strafe nicht. Man könne nicht einfach hinterher sagen, das Ganze sei nicht so gemeint gewesen, und dann sei alles vergessen, so Freier.

„Viele Politiker, auch lokale, erleben in den vergangenen Jahren in verstärktem Maße Hetze und Bedrohung – und das auf eine Art und Weise, die nicht mehr hinnehmbar ist“, betonte Petra Freier. Die einzige Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, sei, dies rigide zu verfolgen.

Keine typische Hetzerin

Gleichwohl habe sie in der Verhandlung durchaus den Eindruck gewonnen, dass es sich bei der fast 70 Jahre alten, weder einschlägig noch anderweitig vorbestraften Angeklagten, die zum damaligen Zeitpunkt erst kurze Zeit bei Facebook aktiv gewesen ist, nicht um eine in diesem Kontext typische Hetzerin handele. „Und ich habe den Eindruck, dass Sie verstanden haben, wie gefährlich so etwas sein kann und dass Sie künftig vorher nachdenken werden.“ Auch der Staatsanwalt betonte, dass es dringend geboten sei, der Verrohung in den sozialen Medien entgegenzuwirken, und Strafe deshalb „der einzige Weg“ sei. Aber auch er räumte ein, dass die Angeklagte wohl keine typische Hasstiraden-Verfasserin sei.

Das Verfahren wurde deshalb wie vom Verteidiger beantragt gegen eine Auflage eingestellt. Dabei blieb es bei den im Strafbefehl festgesetzten 40 Tagessätzen, allerdings wurde die Höhe aufgrund der Einkommensverhältnisse auf die Hälfte reduziert. Die Frau muss nun insgesamt 1000 Euro zahlen. Das Geld soll der Initiative Sicherer Landkreis zugutekommen.