Das Landgericht Stuttgart verurteilt einen 44-Jährigen Remshaldener wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu fünf Jahren Haft.
Nach fast dreimonatiger Verhandlung und neun Prozesstagen hat die 19. Große Strafkammer des Landgerichts Stuttgart einen 44-jährigen Mann aus Remshalden zu fünf Jahren Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. Damit blieb das Gericht nur knapp unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die zehn Monate mehr für den Angeklagten gefordert hatte. Die Verteidiger des 44-Jährigen hatten eine dreijährige Haftstrafe für ausreichend erachtet. Das Urteil nahm der Angeklagte äußerlich scheinbar ungerührt zur Kenntnis, doch während der Urteilsverkündung mahlten mehrfach seine Backenmuskeln.
Schon morgens am Tattag ist der Angeklagte mit Drogen zugedröhnt
Nach Ansicht des Gerichts war der Angeklagte, der schon am Morgen Cannabis geraucht hatte und später möglicherweise Crack, am 19. März dieses Jahres bei seiner Lebensgefährtin in Remshalden, um Wäsche zu waschen. Anschließend seien beide in die Kneipe unten im Haus gegangen und hätten dort Jacky Cola und Schnaps getrunken. Gegen 17 Uhr seien beide wieder in das Zimmer der Frau zurückgekommen und hätten dort Sekt und Marihuana konsumiert. Mehrfach klopfte bei ihnen ein Nachbar, den die Frau nach mehreren Malen dann auch in die Wohnung einließ.
Bei einem kurzen Wortgefecht verletzte der Nachbar die Frau mit der Hand unabsichtlich, was eine kleine Schlägerei zwischen ihm und dem Angeklagten zur Folge hatte. Einige Zeit, nachdem der Nachbar wieder gegangen war, kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und seiner Lebensgefährtin wegen eines möglichen sexuellen Verhältnisses. Die Frau stritt dieses zunächst ab, räumte ein solches jedoch später um des lieben Friedens willen entgegen der Wahrheit ein.
Dies versetzte den 44-Jährigen in Wut, er trat auf einen Schrank ein und zerschlug eine Spiegeltür. Mit den Scherben schnitt er sich in Arme und Kopf und drohte, aus dem Fenster zu springen. Er beruhigte sich erst, als die Frau ihren Kopf gegen den Fernseher schlug, der daraufhin kaputt ging. Mehrere Stunden später erfasste den Angeklagten dann die Wut auf den Nachbarn. Er riss die Schranktür aus dem Scharnier und machte sich mit dieser auf den Weg zu ihm. „Unklar blieb, ob sein Motiv Eifersucht war oder Platzhirschgehabe“, sagte der Vorsitzende Richter Norbert Winkelmann.
Er trat die Tür des Nachbarn ein und stieß diesen mit dem Rücken auf einen Glastisch, der dabei zu Bruch ging. Anschließend schlug er ihm mit der Schranktür auf den Kopf und nahm nach Ansicht des Gerichts dabei tödliche Verletzungen in Kauf. „Er wollte sich als der bessere und stärkere Mann präsentieren“, betonte Winkelmann. Der Blutalkoholgehalt des Angeklagten betrug zur Tatzeit maximal 2,26 Promille.
Eine Viertelstunde später waren die von einem Mitbewohner alarmierte Polizei und ein Rettungswagen vor Ort. Da sich der Angeklagte äußerst aufgebracht zeigte, wurde er für die Nacht in eine Polizeizelle gebracht. Der Nachbar, der eine Blutalkoholkonzentration von 1,46 Promille aufwies, wurde medizinisch versorgt, weigerte sich aber, in ein Krankenhaus zu gehen und stieg stattdessen 20 Minuten später wieder in seine Wohnung hinauf.
Die Sanitäter verständigten einen Notarzt, der wiederum rund zehn Minuten später vor Ort war. Als er zu den Polizisten in die Wohnung des Nachbarn kam, war dieser schon nicht mehr ansprechbar. Obwohl das Opfer umgehend ins Krankenhaus nach Schorndorf gebracht wurde und er dort umgehend in den Schockraum kam, konnten die Ärzte nichts mehr für ihn tun. Neun Tage später starb er an seinen schweren Hirnverletzungen.
Der nichtige Anlass wirkt sich strafverschärfend aus
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Schlag mit der Tür die einzige relevante Ursache für die Hirnblutungen war. „Da uns die Gutachter erklärt haben, dass es nur diese eine Ursache gab, sind sämtliche weiteren Spekulationen, ob das Opfer noch einmal gestürzt sein könnte oder er in ein spezialisierteres Krankenhaus hätte gebracht werden müssen, hinfällig“, stellte der Vorsitzende Richter klar. Auch eine Sorgfaltspflichtverletzung der Sanitäter habe nicht festgestellt werden können.
Zugunsten des Angeklagten wertete das Gericht, dass er alkohol- und drogenbedingt enthemmt gewesen sei, und dass es sich um eine Spontantat gehandelt habe. Gegen ihn spreche jedoch, dass er bereits 18 Vorstrafen habe und die Tat in krassem Missverhältnis zum Anlass gestanden sei. „Es war eine Tat, die von Großmannsgehabe geleitet war“, sagte Winkelmann.