Der Fall wurde vor dem Böblinger Amtsgericht verhandelt, das Gebäude wird aktuell renoviert. Foto: /Thomas Bischof

Ein Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs vor dem Amtsgericht Böblingen wird gegen Auflagen vorläufig eingestellt. Der Fall erwies sich als recht knifflig.

Ein 24-jähriger Mann, zwei junge Mädchen und eine Zeugin, die exhibitionistische Handlungen des Mannes gesehen haben will – das sind die Eckdaten eines schwierigen Falles, mit dem es das Böblinger Amtsgericht am Dienstag zu tun hatte.

Was war passiert? Am 6. Januar dieses Jahres war der junge Herrenberger mit seinem Kleinwagen in der Goldregenstraße in Herrenberg-Gültstein, eine Sackgasse, unterwegs. Mit auffällig langsamer Geschwindigkeit näherte er sich zwei dort entlanggehenden, zwölf und 14 Jahre alten Mädchen, und sprach sie nach einem Wendemanöver an. Wo die Schlossstraße sei, wollte er wissen, und erntete ein kurzes „Keinen Plan“ als Antwort. So weit, so unstrittig.

Die Polizei befragte den 24-Jährigen – der stritt den Vorfall ab

Was die Mädchen dabei nicht sahen, dafür aber eine Zeugin, die sich im ersten Stock eines nahe gelegenen Hauses befand und aus dem Fenster sah: Der Mann hatte im Auto seine Hose heruntergelassen und machte sich offenbar an seinem erigierten Glied zu schaffen. „Ich hab gedacht, das gibt’s ja nicht“, schilderte die 53-jährige Zeugin, selbst Mutter dreier Mädchen, noch ein Dreivierteljahr später verwundert vor Gericht. Ebenso ratlos ließ sie Frage nach der Gültsteiner Schlossstraße zurück. „Das ist unsere Hauptstraße im Flecken, die kennt jeder“, erklärte sie. Sie rief die Polizei.

Die konnte den Angeklagten anhand des Autokennzeichens schnell ausfindig machen. Der 24-Jährige stritt den Vorfall in der Vernehmung aber ab und machte keine weiteren Angaben.

Der Knackpunkt: Die 53-jährige Augenzeugin – die beiden betroffenen Mädchen hatten nichts von dem Geschehen im Auto mitbekommen – hatte die heruntergelassene Hose nur vor dem Kontakt mit den Mädchen gesehen und dann bei der Ansprache aufgrund im Weg stehender Bäume nicht mehr.

Die Tat nachzuweisen, ist schwierig

Etwas anderes wusste auch die ermittelnde Polizeibeamtin dem Jugendschöffengericht nicht zu berichten, auf die Aussage weiterer Kollegen und der glücklicherweise gar nicht geschädigten Mädchen wurde verzichtet.

Gegen Auflagen wurde das Verfahren wegen sexuellem Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt in Tateinheit mit exhibitionistischen Handlungen schließlich vorläufig eingestellt. Letztere hatte der 24-Jährige in seiner Aussage unter Ausschluss der Öffentlichkeit zugegeben, der sexuelle Missbrauch dagegen war nicht zweifelsfrei nachzuweisen. „Es ist nicht ganz einfach“, fasste Richter Ralf Rose nach mehreren Prozessunterbrechungen zusammen, „die exhibitionistische Handlung ja, alles andere ist schwierig.“

Trotzdem wurde das Verfahren nur vorläufig und gegen Auflagen eingestellt. Allein schon damit der Angeklagte, ansonsten in geordneten familiären und beruflichen Verhältnissen lebend, innerhalb von sechs Monaten acht Termine bei einer Sexualtherapie absolviert und 1500 Euro an den Kinderschutzbund im Kreis Böblingen überweist. „Wenn sie das nicht tun, kann es doch mit einer Verurteilung enden“, machte Rose dem jungen Mann eindrücklich klar.