Kurz vor dem 20. Parteikongress hat ein Unbekannter in Peking systemkritische Plakate aufgehängt. Bröckelt die Fassade der Einigkeit?
Es ist der wohl größte öffentliche Protest in der chinesischen Hauptstadt seit der Jahrtausendwende: Nur wenige Tage vor dem 20. Parteikongress hat ein Unbekannter zwei riesige Banner auf der Brücke einer Hauptverkehrsader aufgehängt. Doch anstatt der üblichen Staatspropaganda prangt darauf unerhörte Systemkritik: „Wir wollen Essen, keine PCR-Tests. Wir wollen Reformen, keine Kulturrevolution. Wir wollen Freiheit, keinen Lockdown. Wir wollen Bürger sein und keine Sklaven“, heißt es auf einem der Plakate. Und gleich daneben heißt es in unmissverständlichen Worten: „Stürzt den Diktator und Dieb Xi Jinping“. Am Nachmittag erinnert an der Sitong-Brücke im Nordwesten Pekings wenig an den Vorfall. Selbst eine erhöhte Polizeipräsenz ist nicht erkennbar. Doch es dauert nur wenige Augenblicke, bis sich zwei Polizisten dem deutschen Reporter annähern – und prompt Reisepass und Pressekarte einkassieren. Und dann zeigt sich, dass es sich bei vielen der umliegenden „Passanten“ – darunter auch vermeintliche Jogger – um Zivilpolizisten handelt. Nach 15 Minuten löst sich die Situation ohne Eskalation auf.
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