Die Batteriezellen für den elektrischen Porsche Taycan kommen vom koreanischen Lieferanten LG Chem. Foto: Porsche

Der Sportwagenhersteller Porsche investiert einen hohen zweistelligen Millionenbetrag in den Aufbau der Fertigung von Hochleistungszellen.

Stuttgart - Porsche stellt die Weichen für die Produktion von Batteriezellen für Elektroautos. Dazu gründet die VW-Tochter mit dem jungen norddeutschen Unternehmen Customcells das Gemeinschaftsunternehmen Cellforce Group GmbH in Tübingen, bestätigte Porsche-Finanzchef Lutz Meschke auf Anfrage. „Porsche investiert zunächst eine hohe zweistellige Millionensumme. Wir werden 83,75 Prozent am Unternehmen halten, Customcells hält 16,25 Prozent“, erläuterte Meschke. Das Projekt soll am Montag auf einer Pressekonferenz im Porsche-Entwicklungszentrum Weissach vorgestellt werden, an der auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann teilnimmt.

Die neue Cellforce Group soll die Forschung, Entwicklung, Fertigung und den Vertrieb von Hochleistungszellen vorantreiben. Die Zellen sollen zunächst im Motorsport erprobt werden. Die geplante Produktionsanlage soll eine Kapazität von mindestens 100 MWh pro Jahr erreichen. Das entspricht Batteriezellen für 1000 Fahrzeuge. „Unser Ziel ist es 2024 die ersten Zellen in Porsche-Fahrzeuge zu verbauen“, sagte Meschke. Von Porsche und Customcells wechseln nach Angaben des Finanzchefs zunächst 13 Mitarbeiter zum neuen Gemeinschaftsunternehmen. „Bis 2025 soll die Belegschaft auf bis zu 80 Personen anwachsen“, so Meschke. Anfangs sollen etwa 60 Mitarbeiter in der Entwicklung und etwa 20 in der Produktion beschäftigt werden. Bisher bezieht der Sportwagenbauer die Batterien für den Elektro-Sportwagen Taycan vom südkoreanische Zellhersteller LG Chem.

Bis 2025 sollen bis zu 80 Beschäftigte bei dem Zellhersteller arbeiten

Bei der Chemie der neuen Hochleistungszellen wird Silizium als Anoden-Material eingesetzt. Damit soll die Energiedichte gegenüber aktuellen Serienbatterien erheblich gesteigert werden. Die Batterie kann damit bei gleichem Energieinhalt kompakter ausfallen. Vorteile soll diese Zelltechnologie auch bei der Rückgewinnung von Bremsenergie (Rekuperation) und beim Schnellladen bringen. Zudem soll diese Batterie hohe Temperaturen besser vertragen, was Vorteile im Motorsport bringt, aber auch bei anhaltenden Minusgraden über viele Ladezyklen hinweg stabil bleiben und gut funktionieren.

Der Porsche-Partner Customcells entstand als Ausgründung eines Fraunhofer-Instituts

Der Porsche-Partner Customcells entstand 2012 als Ausgründung des Fraunhofer-Instituts für Siliziumtechnologie und zählt sich zu den weltweit führenden Entwicklern spezieller Lithium-Ionen-Batterien. Beschäftigt werden heute mehr als 100 Mitarbeiter. Das junge schleswig-holsteinische Unternehmen arbeitet als Maßschneider und bietet je nach Kundenwunsch sehr unterschiedliche Varianten von Zellen oder von Komponenten der Energiespeicher an, die in kleinen Stückzahlen hergestellt werden. Das Unternehmen entwickelt und fertigt nach eigenen Angaben unter anderem für sechs der zehn weltweit größten Autohersteller weltweit und sechs der zehn größten deutschen Zulieferer. Zu den Kunden zählen aber unter anderem auch Chemiekonzerne.

Die Fertigung von Batteriezellen ist bisher fest in der Hand von asiatischen Lieferanten

Customcells hat bereits eine Tochtergesellschaft in Tübingen. Im Rahmen eines vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekts wurde hier eine Fertigungslinie für kleine Serien von Batteriezellen mit unterschiedlichem Design und mit verschiedenen Zelltechnologien entwickelt. Die Fertigung von Batteriezellen für Elektroautos ist bisher fest in der Hand von Lieferanten aus China, Korea und Japan. Die deutschen Autobauer argumentierten, es gebe weltweit Batteriezellen im Überfluss und eine heftige Konkurrenz zwischen den asiatischen Herstellern würde für günstige Preise sorgen. Zudem hätten die etablierten Hersteller bei der aktuellen Lithium-Ionen-Technologie für die Energiespeicher einen so großen Vorsprung, dass Newcomer keine Chance hätten, mit den Platzhirschen mitzuhalten.

Der VW-Konzern will bis 2030 sechs Fabriken für Batteriezellen in Europa aufbauen

Stefan Bratzel, der Leiter des Forschungsinstituts CAM in Bergisch Gladbach, hat stets vor der Einschätzung der Autobauer gewarnt, Batteriezellen als austauschbare Massenware zu betrachten. „Batteriezellkompetenz ist eine wichtige Voraussetzung für Erfolg“, sagt Bratzel.

Seit einiger Zeit zeichnet sich jedoch ein Sinneswandel in der Branche ab. Das Tübinger Batterieprojekt von Porsche ist Teil einer großen Offensive des VW-Konzerns, mit der die Abhängigkeit von asiatischen Lieferanten verringert werden soll. VW hat angekündigt, dass in Europa bis 2030 sechs Fabriken zur Produktion von Batteriezellen entstehen sollen.