So sah’s wochenlang aus: Inzwischen wurde die Regenbogenfahne abgerissen. Foto: Flaeche

Unbekannte Täter haben die Regenbogenfahne des Kulturkollektivs Prisma in Bad Cannstatt abgerissen und zerstört. Jetzt soll eine noch größere Fahne aufgehängt werden.

Nicht weit vom Cannstatter Bahnhof entfernt befindet sich das Prisma an der Bahnhofstraße, das als Zwischennutzung zum Kreativquartier geworden ist. Wochenlang hing an der Fassade des Gebäudes die Regenbogenfahne als Zeichen der Solidarität mit queeren Menschen. Tag für Tag haben Tausende von S-Bahn-Fahrgästen das Symbol des Christopher Street Days (CSD) deutlich gesehen.

Nicht allen hat das offensichtlich gepasst: Eine Gruppe von schwarz gekleideten Personen, die Zeugen aufgrund von Schriften auf der Kleidung der rechtsextremen Szene zuordnen, haben sich am Samstag, 26. April, gegen 21 Uhr dem Prisma in der ehemaligen Schwabenbräu-Passage genähert. Das Frühlingsfest lief noch. Es war voll in Cannstatt. Ein Mann aus dieser Gruppe, den Zeugen auf etwa 40 Jahre geschätzt haben, kletterte über die Dachterrasse des Sunny High auf den Balkon im ersten Stock, dabei wurde er von vielen Menschen beobachtet. Der Unbekannte habe nach der Fahne gegriffen, sie abgerissen, sie wenig später mit dem Messer zerstört und die Fetzen in einen Mülleimer geworfen.

Fotos des Täters an die Polizei übermittelt

So schnell wie die Gruppe gekommen war, war sie wieder weg. Aber es gibt Fotobeweise, die ein Zeuge von der Tat gemacht und der Polizei zur Verfügung gestellt hat. Bisher konnten der Unbekannte und seine Komplizen nicht ermittelt werden.

Die alte Fahne ist weg – doch eine neue, größere Fahne soll nun kommen. „Wir müssen uns geschlossen gegen rassistische, queerfeindliche, sexistische und antisemitische Angriffe positionieren“, heißt es in einem Aufruf im Netz. Zahlreiche Organisationen und Initiativen aus der Stuttgarter Kulturszene haben bereits ihre Unterstützung zugesichert, berichtet Valentin Leuschel, der Vorsitzende des Vereins Fläche, der hinter dem von der Stadt Stuttgart geförderten Soziokulturprojekt steht. Um ein Zeichen zu setzen, wird die neue Regenbogenfahne in Kürze gehisst.

CSD erklärt nach dem Vorfall: Es gibt noch viel tun für uns

„Schockiert“ reagiert Betina Starzmann vom CSD-Vorstand auf den Vorfall in Bad Cannstatt, der deutlich mache, „dass es für uns nach wie vor noch viel zu tun gibt“. Je näher der CSD rücke, desto mehr müsse man damit rechnen, „dass es weitere Straftaten geben wird“, um der queeren Community zu schaden. Wichtig sei es, alle Vorfälle umgehend der Polizei zu melden, wie dies auch die Prisma-Leute getan hätten.

Starzmann verweist auf die jüngsten Zahlen des Innenministeriums: Demnach sind queere Menschen in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr wegen ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer geschlechtlichen Identität häufiger Opfer von Hasskriminalität geworden als noch ein Jahr zuvor. Die Zahl der Delikte erhöhte sich um knapp 30 Prozent von 165 im Jahr 2023 auf 212 im Jahr 2024.