Sparte nicht mit Beschimpfungen: Polens Premier Mateusz Morawiecki. Foto: AFP/Ronald Wittek

Der Auftritt des polnischen Premiers im EU-Parlament offenbartdie Gräben zwischen Ost und West. Beide Seiten sollten miteinander reden, fordert Ulrich Krökel.

Straßburg - Im Theater gibt es das Stilmittel des Beiseitesprechens. Eine Figur steht einer anderen gegenüber, wendet sich mit ihrer Botschaft aber ans Publikum. Ein ähnliches Verfahren wählte Polens Premier Mateusz Morawiecki im EU-Parlament. Vor ihm saßen Abgeordnete aus 27 Mitgliedstaaten. Morawieckis jedoch adressierte seine Rede an das Publikum in der Heimat. Vor allem bei den Beschimpfungen der EU-Institutionen. Von Erpressung sprach Morawiecki und von Attacken auf die nationale Souveränität. Die Parlamentarier dagegen warfen der rechtsnationalen PiS-Regierung in Warschau Frontalangriffe auf den Rechtsstaat vor.

Doch den Austritt Polens aus der EU will derzeit niemand, auch die PiS nicht. Denn ohne Geld aus Brüssel, ohne Binnenmarkt und die europäische Solidarität im Ringen mit Russland wäre Polen womöglich doch verloren. Die EU-Kommission sitzt deshalb am längeren Hebel. Doch langfristig hilft es nicht, wenn Mitgliedsländer nur wegen der ökonomischen Vorteile in der EU bleiben. Deshalb ist es höchste Zeit für einen echten Ost-West-Dialog in der EU – aber ohne die oft schwer erträgliche Arroganz des Westens gegenüber dem Osten.