Die X-1-Busse pausieren bald – dafür soll eine Innenstadt-Buslinie 47 an den Start. Foto: 7aktuell.de/Simon Adomat/7

Der Gemeinderat will 3,6 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich einsetzen, um Fahrgästen etwas Gutes zu tun. Diese Vorhaben hat er sich vorgenommen.

Die Stuttgarter Stadträte haben bekräftigt, dass sie die Angebote im öffentlichen Personennahverkehr in den nächsten Jahren weiter ausbauen wollen. Dafür nützen sie auch 3,6 Millionen Euro, die die Stadt spart, weil nun das Land Geld für die Einführung eines Jugendtickets bereitstellt. Der Gemeinderat ist entschlossen, diesen Betrag künftig jährlich zusätzlich für den ÖPNV einzusetzen, wohlwissend, dass die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) ohnehin mit weiteren jährlichen Millionen-Beträgen ausgestattet werden muss. Der frühere Zuschussdeckel von rund 20 Millionen Euro pro Jahr lässt sich schon lang nicht mehr halten.

Im sogenannten Nahverkehrsplan gibt es viele Ausbaumaßnahmen, die im nächsten Jahrzehnt angestrebt werden. Aus dem Füllhorn des Wünschenswerten hat der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik nun ein paar Dinge herausgepickt und sich zur baldigen Umsetzung vorgenommen.

Abendlicher Betrieb

Der Zehn-Minuten-Takt, der bisher bis 20.30 Uhr gefahren wird, soll bei den Innenstadtbuslinien und möglichst auch bei den Stadtbahnen abends ausgedehnt werden. Das ist wegen Personalmangels allerdings nicht vor dem Fahrplanwechsel im Dezember 2024 möglich. Eine Stunde mehr wird bei den Bussen 800 000 Euro kosten, bei den Stadtbahnen würde man über drei Millionen Euro im Jahr reden. Alternativ prüfen die SSB, ob auf den Linien U 6, U 7  und U 12 in die Abendstunden bis zum heutigen Betriebsschluss 80-Meter-Züge eingesetzt werden können, was kaum mehr Personal erfordert. Manche Fraktionen haben aber auch einen Stadtbahnverkehr ohne Betriebsschluss im Visier. Die SPD erklärte, es gehöre einfach zu einer Großstadt, dass man nicht in Nachtbussen um den Talkessel herum fahren müsse. Die SSB halten einen durchgehenden Stadtbahnverkehr betrieblich für komplex. Sie wollen das bis März 2023 prüfen.

Neue Buslinie 47

Die 47er-Busse sollen von Dezember 2022 an in der Stuttgarter Innenstadt im Zehn-Minuten-Takt zwischen 5.45 und 9.30 Uhr sowie zwischen 15 und 19.15 Uhr fahren. Der Startpunkt ist jenseits des Wagenburgtunnels an der Haltestelle Wagenburgstraße. Damit will die SSB den vorläufigen Wegfall der X-1-Schnellbusse auffangen und die Linie 40 entlasten. Es ist ein zweijähriger Probebetrieb. Die X-1-Linie, deren Busse auf dem Cityring sowie zwischen diesem und der Haltestelle Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt pendelten, wird Ende 2022 von einer Kanalbaustelle in der Cannstatter Straße ausgebremst. Die Stadträte wünschen sich freilich Fahrten auf der Linie 47 an Werktagen bis 20.30 Uhr und auch an Samstagen, doch das ist nun erst ab Dezember 2023 möglich. Es wird im kommenden Jahr geprüft. Die SSB ist skeptisch, ob es die längere Betriebszeit braucht. Bis zum Beweis des Gegenteils hält sie die Zusatzausgaben von 140 000 Euro nicht für sinnvoll. Schon jetzt kostet die Linie 47 rund 630 000 Euro im Jahr.

Taktzeiten der U 8

Bei der Linie U 8 (Vaihingen-Nellingen) soll es ab Dezember 2022 an Werktagen morgens kurze Taktzeiten geben. Von Dezember 2023 möchten die Stadträte das auch an Nachmittagen haben, was zusätzliche 300 000 Euro kosten soll. Laut SSB bedürfte es dann aber einer Kappung der U 15 an der Ruhbank, sofern man in Heumaden nicht mehr Gleiskapazität schaffe, was frühestens bis 2028 möglich wäre und an die drei Millionen Euro kosten würde. Die CDU peilt auch schon den Einstieg in den Wochenendverkehr auf der Linie U 8 an, nämlich am Samstag.

Neue Linie U 17

Die geplante Stadtbahn-Verbindung zwischen Messe/Flughafen und dem Synergiepark Möhringen/Vaihingen bzw. Dürrlewang beurteilen die Fraktionen vorläufig noch unterschiedlich. Der Betrieb wäre nach einem schon erfolgten Kurvenbau beim SSB-Sitz in Möhringen rasch möglich. Die CDU, die FDP und die SPD möchten den Betrieb auch rasch starten, um das Angebot für Umsteiger „auf der letzten Meile“ zügig populär zu machen. Die SSB haben angesichts des Fahrgastpotenzials in der Coronapandemie wenig Neigung, reichlich Luft in ansonsten leeren Fahrzeugen zu transportieren. Das sei gerade im Stadtbahnbetrieb noch teurer als in den von der Politik kritisierten, weil zu leeren X-1-Bussen. Man rede über rund 900 000 Euro bei einem Betrieb in der Hauptverkehrszeit und im 20-Minuten-Takt. Die Sachlage würde sich ändern, wenn es ein Umsteigerparkhaus an der Autobahn 8 im Bereich Fasanenhof gäbe. Die SSB plant für die U 17 mit Dezember 2025, wenn am Bahnhof Vaihingen wohl die Gäubahnzüge noch vor Stuttgart-Mitte enden werden. Die Fraktionsgemeinschaft Puls pflichtet der SSB bei: Mit leeren Stadtbahnen sei niemandem gedient.

Neue Linie U 25

Für die geplante Direktverbindung zwischen Killesberg und Plieningen/Hohenheim dringen die Fraktionen auf baldigen Betrieb und sie verstehen nicht die langen Planungen. Doch die SSB hält jetzt den ursprünglich angestrebten Auftakt Ende 2025 nicht mehr für realistisch, lediglich vom Killesberg zum Bahnhof Möhringen, wenn man dafür Geld bekomme. Das liege an Genehmigungsverfahren, Lärmschutz und Artenschutz. Planerische Herausforderungen gibt es wegen einer benötigten Gleiskurve zwischen den Haltestellen Riedsee und Sigmaringer Straße bei einem Studentenwohnheim und einem Supermarkt. Dort will die SSB Einschränkungen für den Betrieb der U3 (Vaihingen-Plieningen) möglichst gering halten. Die FDP macht Druck für baldigen Verkehr. Die jetzige Bedienung der Haltestelle Killesberg mittels der U 5 (Leinfelden) reiche nicht aus: Nur alle 20 Minuten stoppt und startet hier eine Bahn.

Ortsverkehre

Im Dezember soll in Stammheim ein Ortsbus an den Start gehen, der schon finanziert war. Die Stadträte möchten nun aber auch rasch die kleinräumige Erschließung der Hanglagen in Kaltental beidseits der Böblinger Straße umsetzen. Hier denken sie zudem an eine Verbindung an der Sonnenberg-Klinik vorbei in Richtung Sonnenberg und Degerloch, wo die Durchfahrt für Autos verboten ist. Der Start des Ortsbusses ist im Dezember 2023 denkbar. Möglicherweise will man aber auch auf SSB-Flex-Fahrzeuge zurückgreifen, die Fahrgäste anfordern müssen – eine Mischung aus Taxi und Kleinbus. Das Problem: Die Flex-Fahrzeuge fahren bisher nur abends und nachts. Und das leide etwas darunter, dass die als Fahrer eingesetzten Studenten offenbar nicht immer pünktlich in Dienst träten, monierte Puls.