Der Joint könnte bald legal sein – sicher ist das aber noch nicht. Foto: imago/Westend61

Die angehende Ampel-Koalition denkt über die Legalisierung von Cannabis nach. Ein offizielles Bekenntnis dazu gibt es noch nicht, aber durch ein Arbeitspapier aus einer Koalitions-Fachgruppe verdichten sich die Hinweise.

Berlin - Vor einem Monat schien die Sache schon fast klar: Die Ampelparteien sondierten, und beim Thema Cannabis-Legalisierung schienen sie sich weitgehend einig zu sein. Die eine Seite jubelte schon über die bevorstehende Freigabe, die andere Seite warnte davor, „den Joint schönzureden“, wie etwa die Polizeigewerkschaft. Fest steht in dieser Sache allerdings noch nichts. Der Koalitionsvertrag wird nämlich erst kommende Woche vorgestellt. Aber es gibt einige Anzeichen für eine Legalisierung.

Verschiedene Positionen zu Cannabis

Die FDP und die Grünen haben den kontrollierten Verkauf von Cannabis in ihren Wahlprogrammen stehen. Der Wahlsieger SPD sprach sich im Wahlprogramm für eine „regulierte Abgabe“ an Erwachsene aus, allerdings zuerst nur in Modellprojekten, die von Präventions- und Beratungsangeboten begleitet werden.

Scholz selbst sendete bisher unterschiedliche Signale. Er sagte in einem Interview im September, Kiffen sei „keine gesunde Sache“. In einer Bundespressekonferenz antwortete Scholz vergangene Woche auf die Frage, welche Erträge man sich von einer Cannabis-Steuer erwarte, dass es dazu keine Zahlen gebe, weil es bisher keine legale Abgabe gegeben hätte. Diese Worte – „bisher nicht legal“ -, und dass er überhaupt auf diese Frage antwortete, wertete etwa der Journalist Tilo Jung als indirekte Bestätigung, dass Cannabis unter der kommenden Regierung legalisiert wird.

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Arbeitspapier deutet klar in Richtung Legalisierung

In einem Arbeitspapier einer Ampel-Arbeitsgruppe wurde die Cannabis-Legalisierung noch nochmal konkreter. In dem Papier, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es: „Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein. Dadurch wird die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet. Das Gesetz evaluieren wir nach vier Jahren auf gesellschaftliche Auswirkungen. Modelle zum Drugchecking und Maßnahmen der Schadensminderung ermöglichen und bauen wir aus.“ Ein Zeitrahmen, ab wann diese Regelung in Kraft treten soll, ist nicht genannt. Auch eine Bestätigung, dass sich SPD, Grüne und FDP zu dem Thema geeinigt hätten, gibt es noch nicht.*

Die zentralen Argumente der Parteien für eine vollständige oder teilweise Legalisierung sind, dass das bisherige Verbot den Konsum von Cannabis nicht gesenkt habe und zu weiteren Probleme führe. Dazu wird etwa genannt, dass viele Menschen kriminalisiert und viele Polizeiressourcen gebunden würden. Bedeutend sind in den Programmen auch die Stichworte „kontrollierte Abgabe“. Marihuana vom Schwarzmarkt ist häufig mit synthetischen Cannabinoiden gestreckt, anderen Drogen oder auch Sand oder Haarspray gestreckt. In der Regel sind diese eine Gefahr für die Gesundheit. Alle drei Parteien sprachen in ihren Programmen außerdem davon, dass sie die Präventionsangebote ausweiten wollten.

Legales Cannabis könnte Staat Milliarden bringen

Finanziell erhofft man sich von einer Legalisierung ein Plus für den Staatshaushalt. Die FDP sprach im Wahlprogramm von einer Milliarde Euro zusätzlicher Einnahmen durch eine Cannabissteuer. Ein ganzes Stück höher schätzen Forscher der Uni Düsseldorf dieses Potenzial ein: Sie errechneten in einer Studie 1,8 Milliarden Euro Einnahmen durch eine Cannabissteuer. Durch weitere zusätzliche Steuereinnahmen – etwa Umsatzsteuer in verkaufenden Läden – und Einsparungen bei Justiz und Polizei kommen die Forscher auf 4,7 Milliarden Euro, die eine Legalisierung dem Staat bringen würde. Trotzdem: Wie die Ampel-Koalition mit dem Thema weiter verfährt, wissen wir frühestens kommende Woche, wenn der Koalitionsvertrag vorgelegt wird.

*Text wurde am 19. November um die markierte Passage ergänzt.