Im Zuge der Voruntersuchungen wird am Rand der Schleusenkammer erst einmal in die Tiefe gebohrt, um Materialproben zu entnehmen. Foto: Roberto Bulgrin

Wenn an Wasserstraßen saniert werden muss, sorgt das meist für Probleme. Die Neckarschleuse an der Oberesslinger Adenauerbrücke ist für ein bundesweites Pilotprojekt ausgewählt worden.

Esslingen - W enn eine Straße aufwendig saniert werden muss, müssen Autofahrer oft längere Umleitungen in Kauf nehmen. Das ist zwar lästig, aber machbar. Bei einer Wasserstraße sieht das ganz anders aus. Ein Fluss hat nur selten ein paar Kilometer weiter einen zweiten Arm, der mal eben schiffbar gemacht werden könnte. Vor allem an entsprechenden Nadelöhren, wie etwa an den Staustufen des Neckars, führt dieser Umstand zu Problemen.

Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes lässt deshalb an der in Fließrichtung gesehen rechten Kammer der Doppelschleuse Oberesslingen – deutschlandweit erstmalig – testen, wie eine „Instandsetzung unter Betrieb“ möglich ist. Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird federführend von der Bundesanstalt für Wasserbau in Karlsruhe (BAW) betreut und vom Wasserstraßen-Neubauamt Heidelberg koordiniert sowie mit den erforderlichen Baumaßnahmen unterstützt.

Materialproben von den Wänden und der Sohle

Bevor allerdings in der Schleusenkammer die sogenannten Bauteilversuche überhaupt durchgeführt werden können, sind noch eine Reihe von Vorarbeiten erforderlich. Mit diesen hat ein Team der Firma w+s bau-instandsetzung Anfang Februar begonnen. Als Bohrmeister haben die Experten aus Nordhessen Julien Zoch ins Schwabenland geschickt, der zusammen mit seinen Kollegen zunächst einmal Materialproben sichert sowie eine Reihe von Kernbohrungen vornimmt. Entlang der inselseitigen Kammerwand werden dazu in den nächsten Wochen fünf Baugrundproben entnommen und die Löcher zu Grundwassermessstellen ausgebaut. Insgesamt werden rund 80 Bohrkerne mit Längen zwischen zwei und elf Metern aus dem Beton der Wände und der Sohle gewonnen. Diese werden dann auf eine passende Transportgröße zurechtgestutzt, rollsicher verpackt, zum Labor der BAW nach Karlsruhe gebracht und dort diversen Materialprüfungen unterzogen.

Julien Zoch hält das „Testfeld“ für gut geeignet. „Die Kammer war nicht wirklich in Betrieb und ist mit Spundwänden verschlossen.“ Barbara Lampert, die Projektkoordinatorin vom Wasserstraßen-Neubauamt Heidelberg, bestätigt, „dass die rechte Schleuse nie eine Funktion hatte“. Sie sei allerdings regelmäßig unter Wasser gestanden und genau deshalb könne man hier mit einem mobilen Revisionsverschluss gut simulieren, inwieweit eine Instandsetzung unter Betrieb möglich sei. „Wir werden austesten, welche Zeitfenster in der Realität später für die Arbeiten beziehungsweise für den Schiffsverkehr erforderlich sind“, ergänzt sie. In der Vergangenheit habe es andernorts zwar schon ähnliche Versuche gegeben. Diese seien allerdings gescheitert, weil die Voraussetzungen nicht gestimmt hätten. Aus Lamperts Sicht ist die Maßnahme deshalb von „grundlegender Bedeutung“, da es – anders als bei den Verkehrsträgern Straße und Schiene – beim Ausfall der Wasserstraße für die Schifffahrt in der Regel keine Umfahrungsmöglichkeit gebe. „An Wichtigkeit gewinnt das Thema noch, weil die Bauwerke der Bundeswasserstraßen in die Jahre gekommen sind und sich deren Nutzungsdauer dem Ende nähert“, betont sie. Die eigentlichen Bauteilversuche folgen dann voraussichtlich erst im nächsten Jahr. Vor deren Beginn wird das Wasserstraßen-Neubauamt über den Inhalt und den Umfang der Arbeiten noch einmal informieren .

Die eigentlichen Bauteilversuche folgen erst 2022