Doris Mauthe und Cornelia Bolz (rechts) sind stolz auf ihre Kunstwerke, die im Kornhasen für die Öffentlichkeit sichtbar aufgehängt sind. Foto: /Mathias Kuhn

Hermetisch abriegeln oder für Nachbarn öffnen? In Zeiten von Corona wagen die Pflegeheimverantwortlichen einen Spagat. Sie schützen ihre Bewohner, lassen Gäste aber kontrolliert ins Heim.

Mit dem Anstieg der Corona-Fallzahlen wird der Spagat, den die Senioreneinrichtungen wagen müssen, immer schwieriger.

„Wir haben einerseits eine Fürsorgepflicht und wollen unseren Bewohnerinnen und Bewohnern den größtmöglichen Schutz vor Infektionen anbieten. Wir wollen auf der anderen Seite aber auch, dass sie nicht ausgeschlossen sind und dass unsere Einrichtung im Stadtbezirk integriert ist“, beschreibt Christine Schneider, die Leiterin des Willy-Körner-Pflegeheims, die Gratwanderung.

Mundschutz in Pflegeheimen schwer erklärbar

Die Erfahrung der vergangenen Coronajahre kommen dabei allen Pflegeeinrichtungen zugute. „Die ersten Coronamonate, in denen unsere Einrichtungen für Besucher fast geschlossen waren, haben Spuren hinterlassen. Wir wollen unsere Häuser so offen wie möglich halten“, sagt auch Alexandra Heizereder, Pressesprecherin der Evangelischen Heimstiftung. Es gelte, die Lage auszutarieren. Einerseits darf das Virus nicht in die Einrichtungen getragen werden, andererseits sollen der Wunsch nach gemeinsamen Stunden mit Verwandten erfüllt und Veranstaltungen angeboten werden. „Es sind zwei Welten. Außerhalb unserer Einrichtungen wird kaum noch Mundschutz getragen, bei uns ist es für alle Pflicht“, sagt Heizereder. Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie strengere Regelungen in allen geschlossenen Räumen wünscht. „Wie soll man sonst Gästen erklären, dass Hunderte Bierzeltbesucher auf dem Oktoberfest schunkeln und man beim Besuch der Oma eine Maske tragen und einen Schnelltest machen muss?“ Senioreneinrichtungen wollen schließlich Öffentlichkeit zulassen.

Auch Schnelltest Pflicht

Bei Traditionsveranstaltungen wie Sommerfesten mit Nachbarn oder dem Tag der offenen Tür sind die Einrichtungen oft noch zurückhaltend. Auf eine Vernissage wollte das Willy-Körner-Pflegeheim als Einrichtung der Eigenbetrieb der Stadt aber nicht verzichten. „Trotz aller Widrigkeiten und mit Einschränkungen“, sagt Schneider. So mussten sich die Gäste von außerhalb – wie alle Besucher der Pflegeeinrichtung – testen lassen, und die Ausstellung wurde in einem kleinen Kreis eröffnet. Mit dabei waren die Künstlerinnen.

Kunstwerke von Bewohnerinnen

Sechs Bewohnerinnen des Willy-Körner-Hauses treffen sich jeden zweiten Montag zur kunsttherapeutischen Malgruppe. „Auch wir haben unter der Corona-Zwangspause gelitten. Von Juli 2021 an durfte sich eine Gruppe von Bewohnerinnen treffen, die in ihrem Leben noch nie gemalt hatten, aber zu eifrigen Malerinnen geworden sind“, berichtet Kunsttherapeutin Erika Barton. Die Kunstwerke, die im Erdgeschoss aufgehängt sind, zeugen von der Freude und Fantasie, mit der die Bewohnerinnen bei der Sache sind. „Ich habe mich bisher künstlerisch nicht beschäftigt, aber unter Frau Bartons Anleitung hab ich das Malen als Hobby entdeckt“, sagt Bewohnerin Doris Mauthe.

Malen als Entspannungstherapie

Sie lässt sich von Werken bekannter Künstler inspirieren und interpretiert diese neu. Auch Cornelia Bolz war anfangs skeptisch, gestaltet mittlerweile aber farbenfrohe Bilder mit Wasserfarben. Für viele Bewohner bringt das kunsttherapeutische Malen nicht nur Farbe in den Alltag. „Selbst sonst umtriebige Bewohner werden entspannter, konzentrieren sich plötzlich aufs Gestalten“, sagt Schneider. Und sie schaffen etwas Bleibendes. Auch Kunstwerke von ehemaligen Bewohnerinnen verschönern die Kornhasenräume. „Ermöglicht wird die Finanzierung der Therapie durch Spenden des Krankenpflegevereins Wangen. Auch deshalb ist es uns wichtig, dass wir dem Stadtbezirk etwas zurückgeben und die Nachbarn uns besuchen können“, sagt Schneider.