Ben Wagin war mit seiner Kunst in ganz Europa aktiv. Foto: epd/Christian Ditsch

Er hat Bäume gepflanzt, aber Gärtner war er nicht: Ben Wagin mischte Kunst, Performance und Aufforstung der Stadtlandschaften.

Berlin - Der Berliner Aktionskünstler Ben Wagin ist tot. Er starb am Mittwoch im Alter von 91 Jahren, wie sein Baumpatenverein und ein Sprecher von Kulturstaatsministerin Monika Grütters am Donnerstag mitteilten. Bekannt ist Wagin für seine Installation „Parlament der Bäume“, die im Regierungsviertel an die Opfer der Berliner Mauer erinnert und zum Frieden mahnen soll.

„Der Tod meines Freundes Ben Wagin macht mich sehr traurig“, teilte die CDU-Politikerin Grütters mit. Wagin sei „der größte und beste Baumpate“ und ein wunderbares Vorbild für den Schutz von Natur und Umwelt gewesen. Viele seiner Aktionen seien nicht nur ein Aufruf zum rücksichtsvollen Umgang mit der Natur, „sondern ebenso Appelle für Frieden und Versöhnung“.

Störrische Radikalität

Im Frühjahr ließ sich Wagin noch beim Pflanzen eines Silberahorns fotografieren, mit Erde in den Händen. Der Künstler, der 1930 im heutigen Polen geboren wurde, lebte seit den 1950ern in Berlin. Er setzte sich über Jahrzehnte mit der Natur und auch mit der deutschen Teilung auseinander. 1990 entstand das „Parlament der Bäume“. Auf Granitplatten sind dort die Namen von Opfern des DDR-Grenzregimes eingraviert.

Bei seinen Projekten bewies er große Ausdauer. Es sei allein Wagins „grenzenloser Beharrlichkeit, seiner störrischen Radikalität wie auch seiner großen Emotionalität“ zu verdanken, dass das „Parlament der Bäume“ gegen alle politischen und marktwirtschaftlichen Begehrlichkeiten erhalten geblieben sei, teilte der Direktor der Stiftung Berliner Mauer, Axel Klausmeier, mit.

Entnerven per Telefon

„Enervierende Telefonate und zunächst rätselhaft erscheinende, doch immer tiefgründige Aussagen waren dabei die Mittel seiner Wahl“, schrieb Klausmeier. „Ben, der Schrecken jeder Verwaltung und Feind institutionellen Denkens, war ein sanftmütiger Menschenfänger, der Menschen für sich und seine Anliegen durch seinen natürlichen Charme und seine mitunter schroffe Herzlichkeit gewann.“

Die Zukunft des „Parlaments“ sei institutionell gesichert, teilte die Stiftung mit. Doch gelte es nun mit ebenso großen Anstrengungen, die weiteren Lebens- und Handlungsorte Wagins langfristig zu sichern - den Garten am Anhalter Bahnhof wie auch sein Atelier.

Alles bleibt im Kreislauf

Wagin bastelte auch mal eine Installation aus Aktenordnern - und zeigte damit die Mauer als bürokratisches Monstrum. Oder er säte Sonnenblumen aus. Mit seinem Baumpatenverein setzte er sich für eine neue Auseinandersetzung mit der Natur ein. „Ben Wagin ist gestorben, wie er gelebt hat: munter, mutig, heiter“, schrieb der Verein am Donnerstag in einer Mitteilung. „Mit sich, dem Leben und dem Tod im Reinen, denn alles bleibt im Kreislauf - so auch Ben.“

„Ben war in den letzten Wochen zunehmend schwächer geworden“, erklärte der Baumpatenverein. Sein Zustand habe sich in den vergangenen Tagen dramatisch verschlechtert. „Bis zuletzt war er umgeben von engen Freunden und Weggefährten, war geistig klar, schmiedete Pläne, las Zeitung, erzählte von Kindheit und Jugend, scherzte mit den Ärzten - und streichelte, herzte und drückte jeden, der nah genug an ihn heran kam.“ Weiter erklärte der Verein: „Andere werden in den nächsten Tagen sicher Bens Schaffen, sein vielfältiges Wirken in Berlin als Künstler, Galerist, Aktivist, Baumpate in langen Nachrufen würdigen. Uns fehlen dazu heute noch die Worte.“