Im Ankunftszentrum Arrival Ukraine der Stadt Stuttgart an der Heilbronner Straße herrscht reger Betrieb. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Ab Anfang Juni sollen Geflüchtete von den Jobcentern betreut werden. Das hat für die Betroffenen einige Vorteile. Doch es ist fraglich, ob alle gleich davon profitieren. Beim Ausstellen der nötigen Dokumente holpert es: Es fehlt an Papier, Druckern und Personal.

Vor einigen Wochen hat die Bundesregierung beschlossen, dass die Geflüchteten aus der Ukraine künftig Grundsicherung bekommen sollen. Der Wechsel aus dem Asylbewerberleistungsgesetz ins Hartz-IV-System hat für die Betroffenen einige Vorteile. Diese werden in Stuttgart aber vermutlich nicht allen gleich Anfang Juni zugute kommen. Noch immer fehlt vielen Ukrainern hier die dafür notwendige sogenannte Fiktionsbescheinigung, der Nachweis über ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht.

Der Übergang in die Betreuung des Jobcenters verbessert die Lage der Geflüchteten: Sie erhalten etwas mehr Geld als nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sie können Sprachkurse besuchen, eine Arbeit aufnehmen, und sie sind selbst krankenversichert. Doch obwohl die Stadt in den vergangenen Tagen das Tempo bei der Ausstellung der Fiktionsbescheinigungen forciert hat: Noch immer haben viele das nötige Papier wenige Tage vor dem Stichtag nicht.

Noch hat die Hälfte keine Bescheinigung

Von den 6381 Geflüchteten aus der Ukraine, die Anfang der Woche in Stuttgart untergebracht waren (6902 sind bisher angekommen, 521 aber bereits wieder weitergezogen), hatten 3573 die sogenannte Fiktionsbescheinigung. Bis zur Umstellung Anfang Juni ist also noch einiges zu tun. Ob alle der restlichen 2808 Personen ihre Bescheinigung noch rechtzeitig bekommen werden, ist eher fraglich.

Bei der Stadt heißt es dazu, man sei sich „der Problematik bewusst“ und arbeite „mit Hochdruck an der Ausstellung der Fiktionsbescheinigungen“. Das Ausländeramt, das seit Längerem unter Personalmangel leidet und seine Stellen nicht besetzt bekommt, habe Unterstützung von der Verkehrsüberwachung und von Beschäftigten des Sachgebiets Einbürgerung bekommen. Deshalb erfolge derzeit auch „keine Bearbeitung von Einbürgerungsanträgen“.

Es fehlt an Personal, Papier und Druckern

Dabei ist der Personalengpass bei der Ausstellung der Fiktionsbescheinigungen gar nicht das alleinige Problem. So erklärt Stadtsprecher Sven Matis, die Bundesdruckerei, deren amtliche Vordrucke für die Bescheinigungen verwendet werden müssen, habe „aktuell erhebliche Lieferschwierigkeiten“. Und für den Vorgang benötige man auch spezielle Drucker und geschultes Personal. Nur: „Es mangelt aktuell an Vordrucken, Druckern und Personal“, so der Stadtsprecher. Um dennoch voranzukommen, stelle die Ausländerbehörde sogenannte Blattfiktionen aus, das sei einfacher und gehe schneller.

Die Folge der Verzögerung wird sein, dass alle Geflüchteten, die am 1. Juni noch keine solche Bescheinigung haben, weiter nach dem Asylbewerberleistungsgesetz behandelt werden. Wenn sie ihre Papiere dann im Juni bekommen, so die Stadt, dann „wechseln diese Personen im Folgemonat, der dem Ausstellungsmonat folgt“, in die Grundsicherung.

Arbeitssuchende müssen noch warten

Welche Auswirkungen das für manche Geflüchtete jetzt schon hat, zeigt sich bei der Agentur für Arbeit in Stuttgart. Dort haben sich bisher 60 Geflüchtete als arbeitssuchend gemeldet, sagt Katrina Knauss, die Migrationsbeauftragte der Agentur für Stuttgart. „Und es werden täglich mehr.“ Dabei handle es sich um Fachkräfte, die entweder ein Studium absolviert oder Berufserfahrung haben. Diese wollten gleich arbeiten. Etwa die Hälfte suche eine kurzfristige Tätigkeit, weil sie darauf setzten, möglichst bald wieder in die Ukraine zurückkehren zu können, die andere Hälfte hingegen sei an längerfristigen Stellen interessiert, weil sie davon ausgingen, dass in ihrer Heimat vieles zerstört sei.

Für einige der Bewerber hätte man auch Arbeitsplätze, erklärt die Migrationsbeauftragte, etwa weil es für diese keine Deutschkenntnisse brauche, es dort Übersetzer gebe oder auch Ukrainisch gesprochen werde. Man habe diese Geflüchteten aber „aus formalen Gründen“ bisher nicht vermitteln können, „weil die Fiktionsbescheinigung fehlt“. Man habe es hier mit einer „Stuttgarter Sondersituation“ zu tun, erklärt Katrina Knauss. Im Landkreis Böblingen beispielsweise, der auch zum Bezirk der Stuttgarter Agentur gehört, sei die Verwaltung mit dem Ausstellen der Fiktionsbescheinigungen „bereits durch“, so Knauss. „Dort können die Leute Deutschkurse besuchen oder schon arbeiten.“