Wegen kritischer Berichte über das belarussische Regime wurde Maryna Zolatava zu zwölf Jahren Straflager verurteilt. Foto: zerkalo.io

Berichterstattung unter Lebensgefahr: Die Johann-Philipp-Palm-Stiftung aus Schorndorf ehrt die inhaftierte belarussische Journalistin Maryna Zolatava und die von Frauen geführte afghanische Nachrichtenredaktion Zan Times.

Zwölf Jahre Straflager – so lautete das Urteil eines belarussischen Gerichts im März 2023 für die Journalistin Maryna Zolatava. Sie war zuvor mehr als 20 Jahre die Chefredakteurin der Nachrichtenseite Tut.by, die lange Zeit als die größte unabhängige Nachrichtenseite in Belarus galt. Ihre regimekritische Berichterstattung war dem Präsidenten Alexander Lukaschenko ein Dorn im Auge. Erst vor Kurzem hat er den Sender Deutsche Welle wegen angeblicher „extremistischer Aktivitäten“ verboten.

Der seit 30 Jahren herrschende Präsident sorgte auch dafür, dass die Internetseite Tut.by im Sommer 2020 wegen „Aufwiegelung zum Hass“ gesperrt und ihre Redaktionsmitglieder mit Klagen überzogen und schikaniert wurden. Maryna Zolatava traf die Wut des Diktators besonders heftig. „Im Angesicht von enormen Hindernissen und repressiven Maßnahmen hat Maryna Zolatava sich als Persönlichkeit von außerordentlichem Mut und Integrität bewiesen“, sind sich das Kuratorium der Schorndorfer Palm-Stiftung und die sie beratende Organisation Reporter ohne Grenzen einig.

Journalismus als lebensgefährliche Tätigkeit

Die Mitglieder der afghanischen Nachrichten-redaktion Zan Times. Foto: Zan Times

So ist Maryna Zolatava nun für den alle zwei Jahre vergebenen, mit 20 000 Euro dotierten internationalen Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit nominiert worden. Verliehen wird der Preis am 1. Dezember bei einem Festakt in der Künkelinhalle in Schorndorf. Die 46-Jährige erhält die Auszeichnung zusammen mit der von Frauen geführten, investigativen Nachrichtenredaktion Zan Times. Diese berichtet in und aus Afghanistan über Menschenrechtsverletzungen – ebenfalls unter lebensgefährlichen Bedingungen. Im August 2022 gegründet, legt die Nachrichtenseite Zan Times besonderen Wert darauf, den am stärksten marginalisierten Gruppen in Afghanistan eine Stimme zu geben.

Zan Times stelle sich gegen die von den Taliban seit ihrer Rückkehr betriebene systematische Auslöschung der Teilhabe und Sichtbarkeit von Frauen und Menschen, die lesbisch, schwul, bisexuell, transgender oder queer sind, indem sie schwerpunktmäßig über deren Lebenswirklichkeiten berichte. Angesichts der Gewaltherrschaft der Taliban, die sich gezielt gegen diese Gruppen richte, beweise das Team der Zan Times ungeheuren Mut, indem es die kaum vorstellbaren Diskriminierungen ans Licht der Öffentlichkeit bringe, betont das Kuratorium der Palm-Stiftung. Auf der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit mit 180 Plätzen belegt Afghanistan nun Platz 178.

Erinnerung an einen standhaften Verleger

Der in diesem Jahr zum zwölften Mal vergebene Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit erinnert an den Schorndorfer Verleger und Buchhändler, der am 26. August 1806 auf Befehl Napoleons hingerichtet wurde. Er hatte sich damals geweigert, den Autor einer kritischen Schrift zu verraten.