Der Rap-Sänger Pablo Hasél wurde von Polizeibeamten an der Universität von Lleida in Spanien festgenommen. Foto: dpa/Joan Mateu

Der spanische Rapper Pablo Hasél kommt ins Gefängnis. In einigen Städten in Spanien ist es deshalb zu Krawallen gekommen, auch Kulturschaffende solidarisieren sich. Doch der Grund für die Gefängnisstrafe ist nicht direkt die Beleidigung des Königs und der Polizei.

Madrid - Der Hass hat ihn bekannt gemacht. Oder, so kann man das auch sehen: die ätzende Kritik an den bestehenden Verhältnissen. Pablo Hasél ist ein spanischer Rapper, der sich als Musiker einen Namen unter einigen Fans gemacht hat, als Twitterer aber zur nationalen Berühmtheit wurde. Seit diesem Dienstag sitzt er im Gefängnis, wogegen in Katalonien und in Valencia am Abend Tausende demonstrierten oder randalierten. Hasél ist zur Ikone der Verteidiger einer unbedingten Meinungsfreiheit geworden.

Wer die 63 Tweets vom März 2014 bis Dezember 2016 liest, die Hasél ins Gefängnis brachten, kommt kaum umhin, den heute 32-Jährigen für einen Menschen voller Hass zu halten. Seine Wut richtet sich vornehmlich gegen das Königshaus – die „parasitären Volksfeinde“, den „mafiösen Bourbonen“ – und die Nationalpolizei – den „Abschaum“, die „nazi-onale Polizei“.

Sein Herz erwärmt sich dagegen beim Gedenken an verurteilte Terroristen: „Demonstrationen sind gut, aber nicht ausreichend – manchmal muss man einen Schritt weiter gehen“, schreibt er neben einem Foto des Grapo-Mitglieds Victoria Gómez.

Hasél sollte Geldstrafen wegen Beleidigung bezahlen

Die Grapo, eine linke Terrorgruppe, war von 1975 bis 2009 aktiv und stellt also heute keine unmittelbare Gefahr mehr dar. Diesen Aspekt nahm Spaniens Oberster Gerichtshof im Juni vergangenen Jahres zum Anlass, eine Zwei-Jahre-Freiheitsstrafe, zu der Hasél wegen Verherrlichung einer Terrororganisation von der Vorinstanz verurteilt worden war, auf neun Monate zu reduzieren. Ein Dreivierteljahr Haft muss in Spanien gewöhnlich niemand absitzen.

Hasél sollte aber auch noch Geldstrafen wegen Beleidigung des Königshauses und Beleidigung der Polizei bezahlen, was er nicht tat. Deswegen wurde er an diesem Dienstag in der Universität seiner Heimatstadt Lleida, wo er sich verbarrikadiert hatte, verhaftet und ins Gefängnis gebracht.

Strafrechtlich belangt werden soll die Aufstachelung zu Gewalt

Das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom vergangenen Jahr ist eine anregende Lektüre, weil sie den Stand der Debatte in Spanien und Europa zur Meinungsäußerungsfreiheit auf den Punkt bringt. Das Gericht kennt die feine Linie zwischen Hassrede und legitimer politischer Kritik.

„Es geht nicht darum, eine abweichende Meinung strafrechtlich zu verfolgen“, schreibt das Gericht, sondern „die Aufstachelung … zu konkreter Gewalt.“ Drei Richter finden, Hasél habe diese Linie mit einigen seiner Tweets überschritten. Zwei andere Richter fanden das nicht. Im Grundsatz sind sich die Juristen einig, aber nicht darin, wie dieser Grundsatz auf den Fall Pablo Hasél anzuwenden ist.

Viele Kulturschaffende stellen sich an die Seite von Hasél

Jenseits des Gerichtssaales wird die Debatte etwas gröber geführt. Mit der Inhaftierung Haséls stelle sich „der spanische Staat auf eine Stufe mit Ländern wie der Türkei oder Marokko“, schrieben der Filmemacher Pedro Almodóvar, der Schauspieler Javier Bardem, der Sänger Joan Manuel Serrat und etliche andere Kulturschaffende in einem Aufruf vor einigen Tagen. „Wenn sie zulassen, dass Pablo verhaftet wird, können sie morgen hinter jedem von uns her sein.“

Das ist stark aufgetragen. Vor allem vergessen die Kritiker, dass Hasél zu einer vergleichsweise niedrigen Haftstrafe verurteilt wurde, die er antreten muss, weil er die zusätzliche Geldstrafe nicht bezahlen will.

Hasél und seine Verteidiger haben die Stimmung jedenfalls so sehr angeheizt, dass die Demonstrationen am Dienstagabend in Krawallen endeten. Die linke spanische Regierung will die Lage beruhigen. Sowohl die Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez als auch der linkspopulistische Koalitionspartner Unidas Podemos wollen das Strafgesetzbuch derart reformieren, dass sogenannte Meinungsdelikte nicht mehr mit Gefängnis bestraft werden. Die feine Linie zwischen Hassrede und bloß ätzender Kritik wird damit nicht verschwinden.