Aus dem Innenministerium kommt ein Vorschlag, Angehörige krimineller Clans künftig schneller abzuschieben. Die Union meldet juristische Bedenken gegen die Pläne an.
Das Bundesinnenministerium hat einen Vorschlag gemacht, wie Angehörige krimineller Clans oder anderer Gruppierungen der Organisierten Kriminalität in Zukunft leichter abgeschoben werden könnten. Eine vergleichbare Regelung gibt es bereits für Mitglieder terroristischer Vereinigungen.
Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Maximilian Kall, betonte allerdings am Montag in Berlin, einen konkreten Gesetzentwurf gebe es noch nicht. Der Vorschlag sei vielmehr Teil eines „Diskussionspapiers“, zu dem es einen „laufenden Abstimmungsprozess mit den Ländern und Kommunen“ gebe.
Für eine Abschiebung wäre keine Verurteilung mehr nötig
Nach Angaben des Sprechers, wäre – sollte der Vorschlag umgesetzt werden – für eine erleichterte Abschiebung nicht mehr zwingend eine Verurteilung wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung notwendig. Vielmehr wäre es dann so, „dass eine Ausweisung möglich sein soll, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass jemand Teil einer kriminellen Vereinigung war oder ist“.
Mit Blick auf kriminelle Clans sagte er, dass bei jedem einzelnen Familienmitglied, das entsprechend der neuen Regelung abgeschoben würde, ein Bezug zu kriminellen Aktivitäten vorhanden sein müsste. Er betonte: „Eine Familienzugehörigkeit ist keine kriminelle Aktivität“. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ über den Vorschlag berichtet.
Länder fordern mehr Unterstützung bei Abschiebungen
Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums teilte auf Anfrage mit, die vorgeschlagene Regelung entspreche dem Wunsch einiger Länder und kommunaler Spitzenverbände. Einschränkend sagte sie: „Ob eine solche Regelung indes verhältnismäßig ist und das Regelungsziel ohne ungewollte Nebenfolgen erreicht werden kann, soll nun noch einmal eingehend mit den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden erörtert werden.“
Bei Treffen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit Vertretern von Ländern und Kommunen im Frühjahr hatte es neben Vereinbarungen für einen besseren Datenaustausch zu Flüchtlingen und Asylbewerbern auch Forderungen nach mehr Unterstützung vom Bund bei der Vorbereitung von Abschiebungen gegeben. Für Abschiebungen von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern sind die Bundesländer verantwortlich.
CDU: Vorschlag grenze „an Wählertäuschung“
Der Bund leistet aber auch jetzt schon Unterstützung, etwa durch die Begleitung von Abschiebungen durch die Bundespolizei. Im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum von Bund und Ländern werden Informationen ausgetauscht, um Abschiebungen sogenannter Gefährder voranzutreiben. Dabei handelt es sich um Menschen, denen die Polizei schwere Gewalttaten bis hin zu Terroranschlägen zutraut.
Juristische Bedenken gegen den nun veröffentlichten Vorschlag äußerte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz. „Was Frau Faeser hier macht, sieht stark nach Wahlkampf aus und grenzt an Wählertäuschung“, sagte die CSU-Politikerin. „Es ist höchst fraglich, ob ihr Vorschlag tatsächlich die Abschiebung von Clan-Mitgliedern erleichtert.“ Denn bei weitem nicht jeder Clan, in dem Mitglieder kriminell seien, sei im juristischen Sinne eine kriminelle Vereinigung. Statt Erwartungen zu schüren, die am Ende nicht erfüllt werden könnten, sollte die Ministerin „aktiv werden und mit Ländern wie dem Libanon konkrete Abkommen zur Rücknahme von Straftätern aushandeln“, forderte Lindholz. Damit wäre der Bekämpfung krimineller Clans in Deutschland deutlich besser gedient.
Faeser hatte sich nach Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Innenministern der Länder offen gezeigt für Gesetzesänderungen, die zu einer besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht führen. In diesem Zusammenhang steht auch ein weiterer Vorschlag aus ihrem Ministerium, der in den vergangenen Tagen für Diskussionsstoff gesorgt hatte. Dabei geht es um eine mögliche Verlängerung des Ausreisegewahrsams. Derzeit ist der Ausreisegewahrsam bis zu zehn Tage lang möglich, Faeser schlägt eine Erweiterung auf bis zu 28 Tage vor. Damit sollen die Behörden mehr Zeit bekommen, um eine Abschiebung vorzubereiten.