Mut zur Lücke: Ernst Ehrmann misst im Außenbereich den Abstand Foto: /Sebastian Steegmüller

Pächter Ernst Ehrmann rechnet mit Umsatzeinbußen von bis zu 70 Prozent.

Wangen - Schlaflose Nächte gehören seit einigen Tagen zum Alltag von Ernst Ehrmann, der seit knapp 14 Jahren der Pächter der Gaststätte „Onkel Otto“ auf der Wangener Höhe ist. „Man macht sich schon viele Gedanken. Einfach mal abschalten und das Thema Corona ausblenden, geht zurzeit nicht.“ Zu groß sei die Verantwortung für seinen Betrieb, die sechs Festangestellten und seine Teilzeitkräfte. „Immer, wenn ich morgens aufstehe, gehe ich erst einmal ins Internet, checke, ob es neue Hiobsbotschaften gibt“, sagt der Gastronom. Sprich neue Vorgaben der Stadt, um die Ausbreitung der Corona-Pandemie einzudämmen.

Viele Restaurants bereits zu

Dass Speiselokale nur noch bis 18 Uhr geöffnet haben dürfen, sei ein harter Schlag für alle Gastronomen in Stuttgart gewesen. Es verwundere ihn nicht, dass viele seiner Kollegen schon die Segel gestrichen und ihre Restaurants bis auf Weiteres geschlossen haben. Schließlich seien meist die Abendstunden am lukrativsten. „Ich könnte auch für zwei Wochen zu machen, das Problem ist jedoch, dass niemand weiß, wann die Normalität wieder eintritt“, sagt Ehrmann, der eigentlich Glück im Unglück hat. In den vergangenen Jahren hat der Wirt rund 50 Prozent seines Umsatzes mit dem Tagesgeschäft gemacht. Doch auch diese Sache hat einen Haken. Gruppen, für die der „Onkel Otto“ aufgrund der riesigen Schnitzel ein beliebtes Ausflugsziel war, bleiben weg. „Statt fünf Leuten sitzen in der Regel nur noch zwei an einem Tisch. Mein Umsatz ist um bis zu 70 Prozent zurückgegangen. Man merkt deutlich, dass es ruhiger wird.“ Eigentlich fange jetzt die starke Saison an, der April sei Jahr für Jahr der beste Monat. Doch auch Familien und Spaziergänger, die auf der Waldebene Ost unterwegs sind, würden immer seltener bei Ernst Ehrmann einkehren. Und das, obwohl der Wirt die Vorgaben der Stadt einhält.

Jeder Gast wird erfasst

„Unter anderem muss jeder Gast in einer Liste das aktuelle Datum, seinen Namen und seine Telefonnummer eintragen.“ Um den Abstand zwischen den Tischen zu vergrößern, hat er die Zahl der Plätze im Außenbereich von 200 auf 100 reduziert. „In der Gaststätte wird jeder zweite Tisch nicht besetzt.“ Darüber hinaus habe er komplett auf Selbstbedienung umgestellt. „So kommen die Gäste und mein Team möglichst wenig in Kontakt.“ Seine Angestellten seien sensibilisiert worden. „Sie haben teilweise Familie, sind selbst besorgt und achten entsprechend penibel auf Hygiene. Sie desinfizieren und waschen sich alle fünf bis zehn Minuten die Hände“, sagt der 49-Jährige, der die Maßnahmen der Stadt versteht. „Sie sind sinnvoll, man muss was machen.“ Zugleich kritisiert er die Informationspolitik der Rathausspitze. Er wünsche sich mehr Transparenz sowie frühere und klare Ansagen. „Weil ich nicht weiß, wie sich die Lage entwickelt, kaufe ich häufiger ein, dafür in kleinen Mengen“, so Ehrmann, der sich sicher ist, dass die Ausgangssperre kommen wird. Er würde aber gerne einige Tage vor der Einführung davon erfahren. „Ich kaufe für ein schönes Wochenende 300 Kilogramm frisches Fleisch und Salat ein.“ Ware, die er im Fall der Fälle wegschmeißen könnte. Das wäre jedoch nicht das einzige Problem. „Auch wenn ich das Gebiet unseres Lieferservices deutlich vergrößern würde, ist klar, dass ich Mitarbeiter entlassen müsste.“

Kein Ansturm nach der Krise

Zugleich wünsche er sich mehr Solidarität in dieser schwierigen Zeit. „In der Gastronomie werden nur die wenigsten wirklich reich. „Wenn ich den Laden vorübergehend schließen muss, kann ich die Kühlhäuser nicht einfach abstellen. Auch Pacht und Versicherungen muss ich weiterzahlen.“ Ein günstiger Kredit würde ihm zur Überbrückung dabei auch nicht wirklich weiterhelfen. „Das Geld, das jetzt weg ist, kann ich mir nicht zurückholen. Schließlich kommen die Gäste nach dem Ende der Krise nicht doppelt zurück.“