Ärgerlich: Knapp verpasste Kim Herkle die Quali-Zeit für die Olympischen Spiele. Foto: Mirko Seifert

Die Schwimmerin des SV Cannstatt verpasst zwar knapp Olympia – dafür stehen andere aufregende Ereignisse bevor.

Bad Cannstatt - Mit letzter Kraft erreichte Kim Herkle das Ziel, dann gesellte sich zur völligen Erschöpfung auch noch bittere Enttäuschung. Die Zeit von 2:25,40 Minuten leuchtete auf der Anzeigentafel, womit der 18 Jahre alten Top-Schwimmerin des SV Cannstatt zwar das Kunststück gelang, ihren deutschen Jahrgangsrekord über 200 Meter Brust ein weiteres Mal zu verbessern. Doch fehlten ganze fünf Zehntelsekunden, um beim letzten Olympia-Qualifikationswettkampf in Berlin das Ticket zu den Sommerspielen in Tokio zu lösen.

Die Enttäuschung wich erst am Tag darauf, als Kim Herkle realisierte, was sie geleistet hatte. Auch in den Stunden danach sei sie noch traurig gewesen, sagt die junge Frau aus Oeffingen, „aber je größer der Abstand wird, desto stolzer werde ich – auf das Rennen, auf meine Zeit und vor allem darauf, wie weit ich mich entwickelt habe“.

Ein deutscher Rekord wäre für die Olympia-Qualifikation auf ihrer Paradestrecke nötig gewesen, nur denkbar knapp ist sie daran vorbeigeschrammt. Zwar könnte sie noch durch die Hintertür nach Tokio kommen – über die internationale Norm, die sie erfüllt hat, oder als Teil der deutschen Lagenstaffel. Große Hoffnungen allerdings macht sich die Schwimmerin nicht. „Zwar wäre es für junge Athleten wie mich sehr hilfreich, schon früh solche Erfahrungen zu sammeln; und bestimmt würden unsere Bundestrainer am liebsten so viele wie möglich mitnehmen“, sagt Kim Herkle – doch liegt die Entscheidung beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB): „Es ist nun einmal so, dass die Norm vorgegeben war und ich sie nicht geschafft habe. Deshalb wäre es völlig okay, wenn ich in Tokio nicht dabei bin.“

Als Trost bleibt langfristig die Aussicht auf eine Olympia-Teilnahme 2024 in Paris – und kurzfristig die Europameisterschaft in Budapest. Bei den Titelkämpfen in der ungarischen Hauptstadt vom 10. bis 23. Mai wird die Cannstatterin, die seit eineinhalb Jahren am Olympiastützpunkt in Heidelberg lebt und trainiert, erstmals die große internationale Bühne betreten – es ist der bisherige Höhepunkt ihrer Karriere.

Über 200 Meter Brust und 200 Meter Lagen hatte Kim Herkle die geforderten Zeiten schon vor längerer Zeit unterboten – in Berlin knackte sie am Wochenende auch noch die EM-Norm über 400 Meter Lagen, indem sie ihre persönliche Bestzeit um gleich fünf Sekunden auf 4:41,76 Minuten verbesserte. Ihr Ziel für die EM? „Ich möchte so viele Rennen wie möglich bestreiten und natürlich auch Bestzeiten schwimmen – es geht aber auch darum, die Atmosphäre aufzusaugen und Erfahrungen zu sammeln.“

Bis dahin allerdings steht nicht der Leistungssport, sondern die Schule im Vordergrund. Anfang Mai beginnen die Abiturprüfungen, Kim Herkle muss noch einiges aufholen, nachdem sie zuletzt drei Wochen im Höhentrainingslager in der Sierra Nevada verbrachte. „Es wird eine stressige Zeit“, sagt sie, denn schon ein paar Tage nach dem Abitur geht es nach Budapest.

Noch aufregender wird ihr Leben im Sommer, wenn Kim Herkle die Heimat verlässt. An der Universität von Louisville im US-Bundesstaat Kentucky wird sie künftig studieren und im Eliteteam der „Cardinals“ trainieren – unter Anleitung von Headcoach Arthur Albiero, Mitglied des Trainerteams der US-Schwimmer bei den Sommerspielen 2016 in Rio. Auch der gebürtige Brasilianer soll dazu beitragen, dass Kim Herkles Traum von Olympia, der diesmal noch geplatzt ist, in drei Jahren in Erfüllung geht.